Wankspitze (2208m) Winterüberschreitung (T6, II)
Wankspitze (2208m) Winterüberschreitung (T6, II)

Wankspitze (2208m) Winterüberschreitung (T6, II)

Lass uns doch mal die Wankspitze machen!

Nein, die hat Nichts mit dem Wank zu tun.

Nein die ist woanders.

Ja die ist krass.

Nein nicht so wie der Wank.

Heißt ja auch Spitze wegen spitz.

So oder so ähnlich habe ich versucht Hannah eine Winterüberschreitung der Wankspitze anzudrehen – und es war harte Arbeit. Allein der Name ist ein ordentlicher Abturn. Und dann ist das auch noch so ein Berg, den man von nirgends wirklich sieht und von dem man noch nie gehört hat. Ich hatte ihn trotzdem auf der Liste. Eigentlich war diese Tour schon im Rahmen von einem kleinen Winterraum-Wochenende auf der Coburger Hütte im November geplant. Aufgrund der zähen Neuschneelage haben wir es am besagten Tag aber genau bis in die Grünsteinscharte geschafft. Im Nachhinein war das unser Glück. Wir hätten an diesem Tag nicht den Hauch einer Chance gehabt.

Die Wankspitze ist ein fairerweise sehr unscheinbarer Geselle, der von den mächtigen Miemingern wie Grünstein und den Grießspitzen um ein vielfaches überragt wird. Ins Inntal hinab präsentiert sie sich im Sommer zudem als grüner, unscheinbarer Buckel und die Ähnlichkeiten mit dem uns bekannten Wank sind verblüffend. Aber der Schein trügt ein wenig – und genau deshalb fand ich diesen Berg seit ich ihn entdeckt habe ziemlich interessant. Denn zwischen den grünen Wiesen im Süden und den großen Wänden der Mieminger Kette im Norden klemmt ein kurzer, aber scharfer und zackiger Felsgrat. Die Wankspitze hat zwei Gesichter und versteckt hinter ihrer grünen Maske einen wilden Anstieg entlang eines Klettersteigs am Nordgrat.

Aufgrund der moderaten Schwierigkeiten (Stellen C), recht geringen Höhe und überschaubaren Länge also durchaus ein Kandidat für eine Winterbegehung. Und so ziehen wir nach dem Rückschlag im November nur 2 Monate später wieder los. Diesmal steigen wir von Süden auf – und diesmal geht es ohne Umwege zur Wankspitze. Zum Sonnenaufgang starten wir am Parkplatz Arzkasten in der Gemeinde Obsteig.

Der Aufstieg ist bis unter die imposanten Wände des Grünsteins sehr ereignislos. Erst geht es auf einer breiten Forststraße empor, dann auf einem im Sommer sicher sehr reizvollen Pfad zwischen den Latschen hindurch. Für uns heißt es wieder Schwimmflügel auspacken. Tatsächlich liegt der weiche Schnee hier doch etwas höher, als wir uns das erhofft haben und wir spuren knie- bis hüfttiefen Schnee zum Abzweiger in Richtung Stöttltörl. Die Lawinengefahr ist heute moderat. Unter 2200 Metern herrscht Lawinenwarnstufe 2 und wir haben den Zustieg als vergleichsweise sicher eingestuft. Die Flanke hinauf zum Stöttltörl hat gerade einmal 25° und das Hauptproblem ist Triebschnee in Kammnähe. Aber dazu später mehr.

Wir biegen also rechts ab. Im Hintergrund gibt das Hölltörl ein eindrucksvolles Bild ab. Wir sind wie so oft völlig allein hier draußen. Unter den bizarren Wänden der Grießspitzen arbeiten wir uns die Flanke hinauf. Wir bilden uns ein, dass der gefühlt sicherste Weg entlang eines Latschenfeldes geht, welches fast den gesamten Hang hinauf ins Stöttltörl begleitet und uns etwas Abstand zu den steileren aber dennoch schneebeladenen Aufschwüngen zur Wankspitze erlaubt. Ich halte mich aus Paranoia mitten in den Latschen auf und Boulder zwischen den verschneiten Ästen hindurch. Es ist ein Kampf um Halt und eine möglichst elegante Linie hinauf, welchen ich wie so oft verliere. Vielleicht wären Schneeschuhe dann doch mal eine Idee. Und ständig machen wir uns Gedanken, da wir nur einige Tage zuvor den (sehr empfehlenswerten) Lawinenupdate Livestream vom Österreichischen Alpenverein geschaut haben. Wenn dieser eines geschafft hat, dann zu sensibilisieren. Ob unsere Wegführung nun aber so richtig faktenbasiert ist – anderes Thema. Kurz vor der Einsenkung zielen wir nach links an einem Felsturm vorbei auf eisigen aber beinahe schneefreien Kies. Mit unseren Pickeln ist das vorankommen hier angenehmer und ein paar Schritte später stehen wir im Stöttltörl.

Es wird schnell klar, wo der im oberen Teil fehlende Schnee gelandet ist. Nach Osten wälzt sich eine gigantische, die ganze Einsenkung überspannende Schneeverfrachtung über das Törl. Gut, dass wir hier nicht runterwollen. Im Inntal, weit unter uns, ruht eine geschlossene Wolkendecke und der Wind bläst bei erreichen der Kante mit irrwitziger Geschwindigkeit zwischen den Bergen hindurch. Während es bis eben noch zu warm war, wird es schlagartig extrem unangenehm. Meine Hosenbeine, vom Schnee etwas nass, gefrieren innerhalb weniger Sekunde zu steifen, kalten Röhren. Hardshell für Schwaben also.

Lange Rede, kurzer Sinn. So richtig kuschelig ist es hier nicht und wir springen rasch in unsere Gurte, um wieder in den Windschatten zu kommen. Und tatsächlich – das klappt. Direkt an der Wand ist es schon wieder viel erträglicher – bleibt nur zu hoffen, dass es oben am Grat nicht so sehr abgeht.

Einstieg & Platte (C)

Der Einstieg, schon aus der Ferne gut erkennbar, ist schnell erreicht. Der Fels ist hier steil, plattig und völlig leergefegt. Über eine kurze, steile Platte geht es an eine Sprossenleiter. Easy. Wenn der ganze Klettersteig so aussieht haben wir eh schon gewonnen. Es geht gut voran, der Fels ist trocken und nicht vereist und der Wind wir mit zunehmender Höhe schwächer und schwächer. Als es dann zum ersten Mal in leichteres Gelände geht – rechts um den zueben erstiegenen Turm herum – wir aber schnell klar, dass es nicht überall so gemütlich bleiben wird. Der Grat ist verschneit und überwächtet, die vielen Rinnen mit bizarren Schneeanhäufungen gefüllt und der Weiterweg nur teilweise einsehbar. Aus der Topo wussten wir schon, dass es auch mehrere unversicherte Stellen gibt, die im Sommer Gehgelände sind. Doch was werden sie heute für uns bereit halten? Darüber habe ich mir in der Nacht schon den Kopf zerbrochen. Jetzt liegt die Antwort vor uns.

Im Quergang liegt aufgetürmter Pulverschnee. Das weiße Gold und feine Koks der Freerider ist für uns gewöhnliche Wanderer aber kein Grund zur Freude. Zwar wirkt der Schnee viel zu weich und lose um in irgendeiner Form als verbundenes Brett vom Grat abzurutschen, gleichzeitig ist er aber zu wirklich wilden Formen und Wellen aufgeweht. Er bietet auch wenig Halt und verdeckt das Gelände unter sich, sodass wir uns in Felsnähe grundsätzlich wohler fühlen.

2. Aufschwung (B)

Zum Glück lässt sich der gegenüberliegende Aufschwung an einem äußerst schönen, pyramidenförmigen Gratturm dann doch gut erreichen. Wir bleiben auf dem fast schneefreien Grat und schleichen uns dann, zwischen Felswand und Schneeverwehung wieder an den etwas tiefer liegenden Klettersteig heran. Formal haben wir damit zwar nur eine von laut Topo sechs ungesicherten Passagen gemeistert. Aber Probleme löst man, wenn man sie hat. Und am Klettersteig angekommen, drängen sich auch schnell andere Probleme in den Vordergrund:

Yay! Buddeln!

Die Rampe, auf der es hinaufgehen soll ist stellenweise randvoll mit Pulverschnee gefühlt. Um am Stahlseil zu bleiben, müssen wir einen halben Meter buddeln. Immer wieder ist es am effektivsten einfach einen möglichst großen Haufen Schnee zu umarmen und in bzw. auf ihm emporzurobben Wenn man dabei nicht weiter runterrutscht als hochrobbt, hat man schon fast gewonnen. Abonniert gerne diesen Blog für weitere wertvolle Bergsteigertipps.

Pulver, Quergänge und Abstiege (B)

Wir stehen auf einem kleinen, exponierten Sporn einige Meter unter der Gratschneide als das Stahlseil ein weiteres Mal endet. Nach rechts saust die Wand nach Westen runter, links geht es leicht aber bröselig einige Höhenmeter auf den Grat. Wir gleichen unseren Standort auf der Topo ab – hier ist also wieder Gehgelände angesagt. Was auch immer das hier heute heißen mag.

Ich steige kurz an den Grat auf – ein richtiges Weiterkommen gibt es hier aber nicht und die Wächten, die sich nach Osten gebildet haben sind alles andere als einladend. Das nächste Stahlseil sehe ich allerdings auch von hier oben nicht. Wir entscheiden uns, für ein schwach erkennbares Band einige Meter unter uns. Hier lässt sich relativ sicher im weichen Schnee um die nächste Erhebung herum queren. Und Tatsache – schneller als gedacht lächelt uns oben am Grat wieder ein Stahlseil entgegen. Oben angekommen sehen wir zum ersten Mal den weiteren Gratverlauf und das Gipfelkreuz. Zwischen letzterem und uns liegt aber noch ein eindrucksvolles Stück winterliche Berglandschaft. Ich komme zu einem gnadenlosen Urteil.

Häh, da kannst ja auch direkt den Watzmann machen?!

Keine Ahnung, ob dem so ist. Aber der schmale, zackige Grat und die teils doch erheblichen Abstiege in Einsenkungen im Gratverlauf erinnern mich schon sehr daran. Vor dem Gipfelkreuz türmt sich noch eine, sehr wuchtig aussehende Spitze auf. Sie scheint den eigentlichen Gipfel sogar zu überragen. Um der Watzmann-Analogie treu zu bleiben würde ich diese Erhebung zur Wankspitze Mittelspitze ernennen. Bevor wir sie in Angriff nehmen können, steigen wir ein gutes Stück ab. Der folgende Abschnitt ist zwar ausgesetzt und fotogen – kraxelt sich mit konstanter, geringer Schneeauflage und ständig sichtbaren Stahlseilen aber sehr schnell und entspannt. Generell muss man festhalten, dass die Tour bisher zwar sehr eindrucksvoll, aber nie wirklich knifflig war. Vorausgesetzt man bringt Zeit und Nerven mit, sich durch tiefen Pulverschnee zu buddeln. Was aber an und für sich auch etwas sehr meditatives hat.

Die Scharte am tiefsten Punkt ist wieder abgeblasen und schnell überwunden und auch der Gegenanstieg auf die selbsternannte Mittelspitze verläuft vergleichsweise reibungslos. Fairerweise sind diese Stellen nun auch lediglich mit Klettersteig-Schwierigkeit A oder A/B belegt. Oben angekommen stellt sich, nach einem erneuten kleinen Abstieg nur noch ein Hindernis in den Weg. Danach geht is im Gehgelände zum Gipfel. Zumindest dachten wir das so.

Kletterklub-Variante (C)

Im letzten Drittel des Klettersteigs sind zwei Varianten um oder auf einen kleinen Turm möglich. Eine leichte Umgehung (A/B) im Osten oder ein direkter, schwierigerer Aufschwung (C) der zu einer kleinen Bank auf dem Turm führt. Passenderweise ist das die Kletterklub-Variante. Liebend gerne hätten wir einfach die leichte Umgehung genommen. Keiner braucht jetzt noch einen Fotospot auf einer Bank – oder eine vermeidbare C-Stelle. Aber das Leben ist kein Wunschkonzert und die östliche Umgehung ist, wie fast alles auf der Ostseite, von irren Schneemassen überlagert. Uns bleibt also nur der Kletterklub, welcher sich dann doch dankbar schneefrei gibt. Rutschig ist es trotzdem und ein paar kräftigere Züge zehren an den langsam doch etwas beanspruchten Armen. Das viele Buddeln, Schaufeln, Stemmen und Ziehen fordert langsam aber sicher seinen Tribut und wir freuen uns schon darauf, nach dieser Stelle schnell am Gipfel zu stehen.

Übrigens – auch der Abstieg von besagtem Türmchen ist mit C bewertet. Auch hier wird nochmal kräftig gezogen und gerupft, um auf dem plattigen Fels nicht doch noch auszurutschen und in die Sicherung zu fallen. Auf den letzten Metern muss das nicht mehr sein.

Steile Kante (B/C)

A propos letzte Meter. Die steile Kante ist meine persönliche Schlüsselstelle im Klettersteig. Sie ist die perfekte Mischung aus zu steil um in Ruhe Schnee zu schippen und zu flach um schneefrei zu sein. Sich hier hinauf zu wuchten ist ein absoluter Kraftakt. Ich blockiere mit einem Arm, während ich mit dem anderen versuche, den hier sehr trittarmen Fels freizulegen und eine Stufe zu finden, auf der ich ein Stück höher treten kann. Hannah wartet ein Stück weiter unten, um den Schnee meiner Umbauarbeiten nicht abzubekommen. Als ich fast oben bin, versperrt eine große und leicht überhängende Wächte den Weg. Mit letzter Kraft und Nerv, kehre ich den Schnee vom Grat und lege den Klettersteig frei, der über die Kante und auf den Grat führt. Etwa 50 Meter vor uns – auf Kopfhöhe – das Gipfelkreuz der Wankspitze. Dazwischen – unbezwingbare, weiße Weiten.

Schluss mit lustig. Und Stahlseil. Vor allem Stahlseil.

Und dann ist Schluss. Während ich die große Wächte wegschaufle, stoße ich auf das Ende vom Stahlseil. Vor uns nichts als Schnee. Aufgetürmt auf der Ostseite des Grates und blöderweise auch genau dort, wo der “Weg” im Sommer entlangführen soll. Ich weiß von der Topo aber auch, dass hier keine durchgehende Stahlseilversicherung mehr zu erwarten ist und mir rutscht das Herz in die Hose. Wir sind so gut durchgekommen, aber die 50 Meter Luftlinie, die uns vom Gipfelkreuz und dem einfachen Abstieg trennen scheinen unüberwindbar. Ich bin immer wieder erstaunt, wie sich die Anstrengung eines ganzen Tages in einem Punkt – einem Schneefeld oder einem Gratturm – kumuliert, der dann über Weitergehen oder Umkehren entscheidet. Die Vorstellung, den gesamten Grat nun wieder zurückgehen zu müssen, ist allerdings gleichermaßen gruselig und unrealistisch. Vorausgesetzt die Kraft und Konzentration reicht, um die teils anspruchsvolleren und unversicherten Ecken auch im Abstieg zu bewältigen, ist das ein Worst-Case-Szenario, welches in der Dunkelheit enden würde.

Schach matt?

Noch nicht ganz. Nachdem ich nun schon einige Male für das Zusatzgewicht belächelt wurde, ist heute der Tag an dem ein 60 Meter Halbseil zu Recht in den Rucksack gewandert ist. Wir haben also noch ein Ass im Ärmel. Wenn auch ein relativ kleines.

Es ist trotzdem ein Aufbruch ins Ungewisse, als ich die scharfe und verschneite Grantkante betrete. Hannah sichert mich provisorisch am letzten Stück vom Klettersteig – unser letzter, ernstzunehmender Fixpunkt des Tages. Zunächst gilt es, einen markanten Gratturm zu umgehen. Ich wähle ein sehr schmales aber schneefreies Band auf der Westseite und führe auf dem Weg dort hin das Seil abwechselnd um Felsblöcke, um natürliche Sicherungspunkte zu schaffen. Recht spartanisch ist das Ganze schon – fühlt sich bis hier aber noch halbwegs kontrolliert an. Am Band ist auf Kopfhöhe eine Schlinge gefädelt. Wir sind also nicht die Ersten, die diese Umgehung gewählt haben. Ein schwacher Trost – denn anders als unsere Vorgänger haben wir weder Schlingen noch Exen dabei, um diese Hinterlassenschaft für uns zu nutzen.

Mit einem beherzten Griff an eine große Schuppe geht es um das Türmchen herum und auf den etwas breiteren, nun wieder verschneiten Grat. Eigentlich wäre ein Stand jetzt eine angebrachte Idee – die Seilreibung ist durch die paar Türmchen die ich gefädelt habe schon ganz ordentlich geworden. Doch hier hinten findet sich nichts. Und so kriegt Hannah den wohl gruseligeren Nachstieg ab – anders als ich ist sie nämlich nicht an den Klettersteig gesichert. Dafür bin ich bereit, auf der Ostseite in die Schneeflanke zu springen, um einen Sturz auf die Westseite auszugleichen. Sprungseil aus dem Bilderbuch. Beim Alpenverein ist das eine “Seiltechnik aus der Grauzone” – die hier aber mehr als plausibel scheint. Wir klettern trotzdem, als wären wir ungesichert unterwegs und beurteilen den Weg auch mit diesem Maßstab.

Als Hannah mich eingeholt hat diskutieren wir den Weiterweg. Vor uns stellt sich noch ein kleiner Gratzacken von einigen Metern Höhe in den Weg. Auf seiner Ostseite mit aufgewehtem Schnee überlagert. Im Westen diesmal unpassierbar. Wir schätzen ein Umklettern auf dieser Seite auf eine brüchige IV – mit unseren Mitteln heute absolut keine Option mehr. Ich bin dafür, den etwas heiklen Schnee im Osten in Kauf zu nehmen. Es geht um eine Strecke von wenigen Metern und wir haben heute schon viele der butterweichen Schneeansammlungen umgegraben, ohne ein brauchbares Lawinenrisiko oder Abgleiten von Schneebrettern zu beobachten. Hannah fühlt sich damit nicht wohl – ich kann es ihr nicht verübeln. Ansprechend ist das Türmchen nicht und wir wissen auch nicht wirklich, wie es dahinter weitergeht.

Uns fällt noch eine andere, kühne Umgehung auf und Hannah setzt sich schlussendlich durch, diese zu versuchen. Wir steigen rechts vor dem Türmchen in eine bröselige und schneereiche Rinne ab. Diese ist wie ein Y geformt. Wir können also über eine Rinne hinab und dann hoffentlich über den benachbarten Arm wieder hinauf auf den Grat und dort unschwer die letzten Meter an den Gipfel. Immer abwechselnd steigen und rutschen wir, so kontrolliert wie möglich ein kleines Stück runter, während der jeweils andere das Seil über einen Felskopf führt und einen Umlenkpunkt schafft. Ich führe das steile Stück in den Rinnengrund an – dank hohem Schnee kann man sich hier relativ sicher bewegen. Unter uns verengt sich die Rinne zu einem kurzen Eisschlauch, der dann hinaus auf ein weites Schneefeld führt. Die Wankreise – eine wildere Abfahrtsvariante von der Wankspitze. Da müssen und wollen wir jetzt zum Glück nicht durch. Ich habe immer noch keine Steigeisen angelegt – hatte sie bis hier aber auch nicht wirklich gebraucht.

Stattdessen scheint der Plan aufzugehen. Der rechte Arm des Rinnensystems ist zwar steiler aber auch schneereicher und erlaubt uns – vorsichtig im tiefen Schnee höher tretend – wieder hinauf an den Grat zu kommen. Über eine verschneite Stufe im II. Grad erreichen wir ein schmales Band, welches wir bereits zuvor als den leichtesten Weg zu Gipfel ausgemacht hatten. Hier trifft ein bewährtes Sprichwort zu:

Wenn’s zach ist, gibt es keine Bilder

Es gibt keinerlei Fotos aus dieser Umgehung – wir waren zu beschäftigt, einen vertretbaren Weg durch das wilde Gelände zu finden. Auf der Rückseite vom Turm sehen wir, dass wir diesen mit Leichtigkeit überschreiten hätten können. So haben wir nochmal eine Weile in abenteuerlicher Schnee- und Felskletterei verbracht um eine Strecke von wenigen Metern am Grat in einem großen Bogen zu umgehen. Aber das ist okay. Wie immer ist man einfach nach bestem Wissen und Gewissen unterwegs und unsere Umgehung – wenn auch abenteuerlich – war letzten Endes keine deutlich schlechtere Variante. Wir haben intuitiv eine ziemlich brauchbare Alternative aus dem Hut gezaubert und die Schwierigkeit dieser richtig eingeschätzt. An und für sich keine schlechte Sache.

Über verschneite Schrofen – ausgesetzt und stets den Pickel schwingend – erreichen wir mit einigen letzten Zügen das Gipfelkreuz und den nun erreichbaren, völlig unproblematischen Abstieg. Was für ein Wank.

Abstieg

Wir spuren das obere Stück durch tiefen Schnee bevor eine deutliche Gasse durch Latschen und dann auf gespurten Pfaden hinab auf die Forststraße zum Ausgangspunkt Arzkasten führt. Ein unvergesslicher Bergtag geht zu Ende und im Abendlicht erreichen wir das Auto, das uns zurück nach Garmisch bringt. Zum chilligeren Wank. Ohne Spitze.


Schwierigkeit

Dieser Beitrag ist wirklich nicht als Tourentipp zu lesen und verstehen. Der Klettersteig auf die Wankspitze ist zwar im Winter bestimmt kein völlig abwegiges Ziel, schlägt aber trotz geringer Länge in die selbe Kerbe wie anspruchsvollere Ziele. Wer sich mit einer Winterbesteigung am Watzmann anfreunden kann, der wird auch hier seinen Spaß haben. Wer die Alpspitze im Winter gemacht hat und nun nach ähnlichen, leichten Klettersteigen sucht, ist vermutlich falsch. Zwischen den beiden liegen nach meinem Empfinden eisige Welten – was vor allem an dem doch deutlich kniffligeren Klettersteig und der fast durchgehenden Exposition liegt. Zu der T6 Bewertung komme ich speziell durch unsere Umgehung um den Gratzacken und durch die Rinnen – im Sommer oder bei geringerer Schneeauflage ist die Tour wesentlich einfacher und beinhaltet auch keine ungesicherten Kletterpassagen. Für uns im Winter & gepaart mit unversicherten Abschnitten in steilen Rinnen je nach Schneelage aber ein anspruchsvolles und zähes Ziel, welches wir auch etwas unterschätzt haben. Die Eispickel waren ausnahmsweise nicht nur zur Deko dabei und ohne Seil hätten wir 50 Meter vor dem Gipfel umdrehen müssen und einen äußerst herben Rückweg angetreten.

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