Mitte Juni 2023 heißt übersetzt gar nicht allzu triviale Bedingungen. Wie wir zuletzt am Kraxengrat erfahren durften, haben sich gerade über 2000 Metern noch reichliche und üppige Schneefelder gehalten, die den Sturm auf die höheren Berge und wilderen Touren ein wenig ausbremsen. Bei Ben, meinem Mitbewohner, war jedoch schon immer der Südgrat auf die Brandjochspitze das “Erste was an der Nordkette im Frühling geht”. Und da der Frühling meteorlogisch schon vorbei ist, rechnen wir uns aus, dass die Tour wohl auch schon machbar ist.
Zugegeben – so richtig gefunkt hat es bei mir auf den ersten Blick nicht. Irgendwie wusste ich nicht so recht, was ich mit dem Anstieg über den Dächern von Innsbruck anfangen soll. Die Anfahrt – immerhin eine gute Stunde aus Garmisch – ist ein Kriterium. Das alles für einen relativ kurzen Grat, den wir so oder so ähnlich x-fach im Wetterstein vor unserer Haustür haben? Durch die Prominenz der Nordkette über dem tief eingeschnittenen Inntal gehen sich ohne Seilbahnunterstützung zarte 2350 Höhenmeter aus. Den Jubliäumsgrat vom Tal aus zu laufen ist also – im Sinne der Höhenmeter – chilliger.
All dies mal übergehend weiß ich aber auch, woher der Wind sonst noch weht. Ich habe Respekt. Die 2300 Höhenmeter hatte ich bisher nur einmal im Frühsommer 2022 im Karwendel geknackt. Das war ein ziemlich epischer Ritt und ich war gegen Ende froh in nicht allzu heiklem Ambiente unterwegs zu sein. Meine selbstwahrgenommene und vor allem psychische Performance im ausgesetzten II-IIIer Gelände ist auch nicht mehr auf der Höhe. Zumindest habe ich mich eine Woche zuvor im Kaisergebirge nicht wohl gefühlt. In Summe also ein ziemliches Brett und ein Schritt hinaus aus der Komfortzone und auf einen Berg, den ich mir so nicht auf die Liste gepackt hätte. Aber wo wären wir, wenn wir nicht mal die Komfortzone verlassen, Neues wagen und die Listen anderer zulassen. Ich wäre zumindest um einen traumhaften Bergtag ärmer.
Zustieg zum Achselkopf (1560m)
Wir sind mittelfrüh gestartet. Das ist quasi so, dass man keinen Mehrwert in Form von Einsamkeit und Sonnenaufgang hat aber doch früh genug, dass es wehtut.
Ich exe einen halben Liter Grüntee im Auto weg während wir in das recht graue und undefinierbare Inntal rollen. Grau und undefinierbar ist auch das Wetter. Auf den Nachmittag waren bis vor wenigen Tagen noch Gewitter gemeldet – das hat sich mittlerweile beruhigt und wir haben keinen wirklichen Zeitdruck. Richtiges Kaiserwetter wird es aber auch nicht mehr – die Bewölkung ist dicht und tiefhängend, Schauer und Gewitter sind unwahrscheinlich aber möglich. Allzu warm ist es auch nicht. Wir schultern unsere Rucksäcke und starten mit einer einheimischen Gruppe mit dem selben Ziel bei Hötting in den Wald hinein. Dann sind wir wenigstens nicht die einzigen Irren. Wobei deren superleichte Trailrunning-Ausrüstung erstmal einen sehr sportlichen Eindruck vermittelt und ich davon ausgehe, dass wir uns nicht mehr allzu oft über den Weg laufen werden.
Mit der Annahme lag ich falsch. Wir schlagen ein ordentliches Tempo ein und heften uns an ihre Fersen – zur ihrer subtil spürbaren Verwunderung. Klar, wenn man mit einem Regensburger Kennzeichen (Mietwagen) am Wanderparkplatz auftaucht, genießt man erstmal keinen guten Ruf. Entschieden wird trotzdem auf der Piste und nach einer ersten Rast setzen wir uns an die Spitze. Eine zweifelhafte Ehre, die wir nun eine ganze Weile mit uns rumschleppen werden.
Auf kleinen Pfaden – ehemaligen Joggingstrecken meines Mitbewohners der über gröbere Umwege seinen Weg von Innsbruck nach Garmisch gefunden hat – steigen wir in Richtung Achselkopf auf. Der Pfad ist mächtig steil, schmal und direkt und wir überwinden hier bereits gute 900 Höhenmeter. Ich kann mir nicht so recht vorstellen, dass ich heute noch mehr als doppelt so viel Anstieg mache. Das hier ist höchstens der Zustieg zum Zustieg zum Zustieg der eigentlichen Tour. Ich ertappe mich bereits jetzt dabei, dass ich nach wenigen Schritten stehen bleiben will. Und dies auch ab und zu tu. Zum Fotos machen natürlich. Das ist wichtig.
Immer wieder reißt die Wolkendecke auf und erlaubt einen kurzen Tiefblick auf die Dächer von Innsbruck. Die knapp 200 Meter Unterschied in der Talhöhe zu Garmisch merkt man deutlich, denn während man auf 1200 Metern über NN in meinem gewohnten Habitat noch beinahe im Ort steht hat man an der Nordkette schon Einiges an Höhe zurückgelegt.
Wir erreichen den Achselkopf, der von einem offenbar nicht allzu beliebten Kriegerdenkmal “geschmückt” wird und sonst auch nicht viel mehr als eine Lichtung im Wald ist. Was aber auffällt: trotz meines inneren Protests gegen die vielen Höhenmeter waren wir schnell und haben den Meilenstein und die 1000 Höhenmeter in knapp über einer Stunde absolviert. Ben weiß zusätzlich zu motivieren:
Zustieg zum Brandjochkreuz (2268m)
“Flach” ist natürlich eine Auslegungssache. Und “erstmal” sowieso. Während dem Schreiben habe ich den GPS-Track meiner Uhr offen und habe gerade festgestellt, dass das “flache Stück” stolze 300 Meter misst. Dann ist “erstmal” wieder vorbei. Und “flach” sowieso. Aber nett war’s.
Danach ist der Anstieg – zumindest im Relief – identisch steil. Da auf der X-Achse die Zeit aufgetragen ist, ist die Aussage aber auch nur dass wir die grob selbe vertikale Geschwindigkeit hingelegt habe. Tatsächlich ist das Gelände hier nämlich wieder etwas flacher und angenehmer als der direkte Aufschwung unterm Achselkopf, der sogar kleine Klettermomente und Felsstufen (max. I) bereitgehalten hat. Kurz hinter dem Achselkopf steht die Achselbodenhütte, an der Wasser aufgefüllt werden kann. Es ist – vor allem im Sommer – vermutlich der letzte Stützpunkt dieser Art.
Wir folgen dem Kluppensteig durch ein dampfiges Latschendickicht und zweigen dann links zum Brandjochboden ab. In den schottrigen Quergängen – nun auch endlich über der Baumgrenze – löst sich die Wolkendecke kurz so weit auf, dass man irgendwo oben das kleine Gipfelkreuz vom Brandjochkreuz sieht – dem südlichen Startpunkt des Grates, der zur vorderen Brandjochspitze hinaufzieht. Unserer Tour. Und uns trennen davon noch gute 300 Höhenmeter steiles und undefiniertes Schrofengelände. Ein Traum.
Ich glaube das letzte Mal, dass ich mich derart den Berg hochprügeln musste ist lange her. Auf die Schnelle fällt mir nichtmal ein passendes Beispiel ein, wo ich schon im Aufstieg so durch war. Klar – lange und zähe Abstiege haben wir irgendwie unfreiwillig durchgespielt. Aber hoch war – selbst mit 1,5kg Spaghettikürbis – stets somewhat entspannter. Vielleicht aber auch weil man da ein Ziel vor Augen hatte. Was ich heute nicht behaupten kann. Heute hat man eine Latsche vor Augen. Wenn überhaupt.
Einen Schritt vor den anderen setzend erreiche ich deutlich hinter Ben das Brandjochkreuz. Wir legen eine Pause ein und bauen auf ein paar weitere Schichten Stoff um. Hier oben ist es dann doch etwas frischer und es geht ein leichter Wind – der Rest vom Wetter verhält sich aber gewohnt entspannt und wir haben mit dem ganz eventuell drohenden Mittagsgewitter fast vollkommen abgeschlossen. Und obgleich es eine ziemliche innere Schlacht war die Höhenmeter hier rauf in der dann doch recht souveränen Zeit zu laufen, bin ich relativ stolz auf meine Performance. Mit einer ausdauernden und flotten Bergtour vom Vortag in den Knochen gingen die fast 2000 Höhenmeter dann doch noch ziemlich gut. Kein Vergleich zu 2022 – heuer ist mangels Knieprobleme im Frühjahr eine ganz andere Grundlage vorhanden. Und so ist der zähe Aufstieg schon fast wieder vergessen – denn ab jetzt kommen nur noch wenige Höhenmeter in spannendem Gelände bei epischer Wolkenstimmung. Es könnte kaum motivierender sein.
Südgrat: Wiesengrat und erste Stufe (I-II)
Nachdem die Gruppe vor uns schon seit einiger Zeit im Nebel verschwunden ist betreten wir den zunächst breiten und angenehmen Wiesengrat. Die Landschaft ändert sich durchgehend. Mal erkennt man links die Hohe Warte und das Schneekar. Mal geht sich im Rücken ein Blick auf das gefühlt unendlich weit entfernte Innsbruck aus. Und mal reißt es rechts in Richtung Seegrube und Sattelspitzen auf. Und wir – etwas losgelöst von all dem – erreichen in der Stille den ersten kleinen Aufschwung im Fels.
Hier geht es kurz im II. Grad durch eine kleine Stufe / Rinne, die kaum 2 Meter misst. Wer ganz genau hinschaut erkennt immer wieder subtile, gelbe Markierungen. Da ich einen Brandjochspitzen-Veteran dabei habe und die Wegführung im relativ überschaubaren Gelände ohnehin dem geringsten Widerstand folgt, schenken wir ihnen kaum Beachtung. Auch die Topo habe ich mir nur grob im Kopf eingeprägt – was vollkommen reicht. Man kommt ohnehin kaum “anders” über den Südgrat. Die entscheidenden Stellen sind ziemlich zwingend und ziemlich leicht zu erkennen. Bis hier befinden wir uns fast komplett im Gehgelände, welches (eventuell teils den Wolken geschuldet) auch noch recht weitläufig und wenig exponiert daherkommt.
Südgrat: Kleiner Kamin (II+)
Durch nun etwas felsigeres Gehgelände erreichen wir nach kurzer Zeit den – wieder gelb markierten – Durchschlupf, der zur ersten, kleinen Schlüsselstelle des Grates führt. Der Grat zieht sich hier deutlich zusammen und mündet in einem etwas seltsamen Kamin. Dieser nur etwa 5 Meter hohe, schmale Spalt im Fels führt auf einen kleinen, schottrigen Absatz und ist abzuklettern. Dank großer Tritte und Griffe wird eine stramme II (könnte woanders auch leicht eine III sein) nie überschritten – die Stelle entpuppt sich dann im Detail aber doch als halbwegs trickreich. Der Kamin ist breit genug um mehr oder weniger vollständig in ihm zu verschwinden aber gleichzeitig eng genug, dass es zwischen Armen, Beinen und Rucksack schnell unübersichtlich wird. Wir gehen den Kamin beide vorwärts an und drehen uns an seinem Ende um, um dann in Gehrichtung rechts über ein kleines Wändchen mit kleinen aber guten Griffen den letzten Meter abzuklettern.
Unten angekommen öffnet sich ein aufregender Blick in die folgenden Kletterstellen des Südgrats. Tatsächlich sind alle Schlüsselstellen hier äußerst komprimiert und wie an einer Perlenkette aufgereiht. Gegenüber sehen wir die drei Innsbrucker im langen Kamin, darüber ist wenig weiter schon ein markanter, runder Block auf dem Grat, welcher das Ende der Schwierigkeiten markiert. Wir stapfen weiter und queren durch leichtes Gelände zum, im Nebel recht hoch und bedrohlich aussehenden, zweiten Kamin.
Südgrat: Langer Kamin (III-)
Als wir den Kamin erreichen stecken unsere drei Mitstreiter noch in den letzten Zügen – rund 20 Meter über uns. Da immer wieder kleine Steine durch den Kamin springen, warten wir unter einem Vorsprung vor Beginn der Kletterei. Dann startet Ben los und sucht sich geschickt (und routiniert) den leichtesten Weg durch die erste Hälfte. Diese ist mehr ein vager Vorbau und lässt sich in recht konstanter Kletterei an festen Griffen im II. Grad noch beinahe überall bezwingen. Erst dann mündet das Gelände in den tiefen Kamin.
Ich hefte mich mit etwas Steinschlagabstand an Ben’s Fersen und wir erreichen den Kamin von links. Am Eingang vermittelt ein Felsanker aus Metall einen soliden Übergang in die Rinne und schon rauscht man in den etwas düsteren und langen Kamin. Die gute Nachricht: bis auf die letzten 2 Meter klettert sich der Kamin sehr entspannt. Immer wieder laden größere Stufen und Absätze zum Stehen ein – es muss nicht durchgehend geklettert oder gar gespreizt werden.
Die – je nach Kletterkönnen – etwas schlechtere Nachricht: oben links raus muss man sich schon mal kurz konzentrieren. Richtig ausgesetzt ist der Kamin zwar nicht, man bewegt sich schon recht eingelullt zwischen den Wänden. Das ist ja auch beinahe die Definition eines Kamins. Aber im Ausstieg lässt einmal kurz die Felsqualität etwas nach, die Griffe werden rarer und kleiner und der Fels ist ein wenig nach unten geschichtet. Ich mache auf der rechten Seite Höhe, spreize mich ein und sortiere mich dann auf die linke Ausstiegswand um. Schnell finde ich auch einen guten und vor allem festen Henkel und schiebe mich über die Kante. Ganz anders als im Kaiser neulich. Heute bin ich wieder auf dem gewohnten Stand der Technik und ein ruhiger, konzentrierter Kletterer. Mit allem anderen tut man sich auf dem kurzen Stück da oben auch keinen Gefallen.
Südgrat: Spreizschritt / Sprungstelle (III-)
Der Grat zieht sich spürbar zusammen und der Abschnitt zwischen dem zweiten Kamin und der Sprungstelle ist als einziger wirklich exponiert und scharf. Während Ben oben drüber spaziert muss ich schon an der einen oder anderen Ecke ausweichen oder die Hände zur Hilfe nehmen. So ganz drinnen bin ich im Über-Grate-Tänzeln-Game dieses Jahr noch nicht. Schon gar nicht nach nun fast 2300 Höhenmetern binnen weniger Stunden. Aber vielleicht muss ich das auch gar nicht sein. Ich komme trotzdem schnell voran und erreiche die wahrscheinlich beinahe legendäre Sprungstelle, an der Ben schon mit den Hufen schabt.
Direkt oben vom Grat abgesprungen steht er schon auf der gegenüberliegenden, leicht abschüssigen Platte. Der hat wohl geübt. Da wir immer noch im dichten Nebel stecken und der “Tiefblick” nach 30 Metern endet, haben wir für solche Späße extrem dankbare Bedingungen. Auch Ben stellt später fest, dass die Stelle mit klarem Blick auf Abgründe links und rechts deutlich intensiver ist. Richtig jucken tut sie mich heute und hier auch nicht. Ich würde aber sagen, dass man sie gesprungen deutlich entschärft und ein versuchter Spreizschritt in der Draufsicht die riskantere und abenteuerlichere Variante ist. Dass man das mal sagt. Aber die “Landefläche” ist wirklich in Ordnung und mit dem Schwung vom Sprung erreicht man auch direkt brauchbare Griffe und Blöcke. Versucht man einen Spreizschritt, so wird man auf der Zielseite nichts erreichen und irgendwie mit Balance auf die in Schluchtnähe abschüssigere Platte gelangen müssen.
Ich klettere, anders als Ben, etwas links am Grat ab bis ich einen sehr guten Tritt finde und springe von diesem auf die Platte.
Passt. Entspannt. Kürzer als man denkt. Irgendwann muss ich mir das Ding aber nochmal mit Tiefblick anschauen. So wurde das Mentale wenig bis kaum gefordert – und das ist definitiv der schwerste Aspekt dieser kleinen Schlüsselstelle.
Südgrat: Plattenfinale (II)
Wenige Meter weiter folgen die letzten richtigen Klettermeter – an einem markanten Zacken geht es links an eine bombenfeste und griffige Wand und mit erreichen des Grates über wunderschöne Wasserrillen auf einen Absatz. Was für ein schöner und abwechslungsreicher Grat! Und doch bin ich auch etwas überrascht wie komprimiert und kurzweilig die Kletterei war. Mit Wartezeit am langen Kamin gehen sich die ganzen nennenswerten Meter im Fels in deutlich unter 30 Minuten aus, in den Topos, die ich gesehen habe, sah das irgendwie alles etwas größer und länger aus.
Wir passieren einen großen, etwas cringen Block, der auf dem Grat auffliegt und die ganze Zeit über schon zu sehen war. Der Weiterweg verspricht trotzdem noch recht spannend zu werden – genau hier beginnen hohe Altschneefelder den Grat zu schmücken.
Südgrat: Altschneefelder
Wir überwinden ein kurzes Stück im gespurten und dankbar festen Altschnee und holen die Gruppe vor uns ein letztes Mal ein. Einen senkrechten Aufschwung links umgehend ist ein großes und steiles Firnfeld zu queren. Die vorhandene Spur ist zwar an und für sich ganz lässig, windet sich aber an und über der etwas fragilen Randkluft entlang. Wir zücken unsere Pickel und geben auf den letzten Metern dann doch nochmal ein ziemlich gutes Bild ab. Zumindest was die passende Ausrüstung angeht – die anderen haben mit Trailrunningschuhen und Stöcken gefühlt doch ein bisschen weniger Spaß. Beinahe Hochtourenambiente.
Auf die steile Querung im Schnee folgt eine Weitere. Und noch eine. Der Pickel gibt aber reichlich Sicherheit, dass man 100 Meter tiefer nicht über die Abbrüche schlittern würde, falls man hier den Halt verliert. Und wenige Meter später stehen wir schon am Gipfel der vorderen Brandjochspitze. Ich hatte zwischenzeitlich – und vor allem ganz zu Beginn der Tour – nicht so richtig daran geglaubt, dass das heute noch stattfindet und ertappe mich dabei, wie ich überrascht feststelle, dass das jetzt alles ziemlich gut und entspannt gelaufen ist. Die Tour geht definitiv als auf- statt abbauendes Erlebnis in die Geschichte ein.
Aussicht gibt es wenig – aber dafür waren wir ja auch nicht da. Das spannende Gelände, die spaßige Kletterei und die mystisch-epische Stimmung sind Lohn genug. Gegenüber taucht immer wieder die hintere Brandjochspitze aus den Wolken auf – irgendwer hat hier auch schon gespurt. Schaut ziemlich wuid aus in der Draufsicht.
Abstieg
Nach einer Rast geht es nach Osten über den Julius-Pock-Steig hinab. Das Gelände erinnert mich an die Zugspitze – Schotter, Pfad und kleine Stufen mit einem Drahtseil dazwischen. Wir verlieren schnell an mühsam erarbeiteter Höhe, passieren das letzte Schneefeld und bauen uns im Frau-Hitt-Sattel wieder auf dünne Klamotten um. Frau-Hitt ist übrigens ein markanter Felsturm zwischen den Brandjochspitzen im Westen und den Sattelspitzen im Osten. Genau gegenüber hören wir die Seilkommandos einer Seilschaft, die hier gerade kraxelt. Ben hat natürlich die passende Story dabei.
Dinge die ich heute nicht mehr vor habe. Wir legen einen Stopp an der Höttinger Alm ein, bevor es in der plötzlichen und gar nicht so kalten Nachmittagssonne die letzten 800 Höhenmeter ins Tal geht. Ein ganz schön sportlicher Tag – der für die Zahlen mit denen diese Tour beziffert werden könnte, gar nicht mal so lang war. Zumindest ein gutes Update zur aktuellen, körperlichen Verfassung und damit den damit einhergehenden Möglichkeiten. Wobei ich beim nächsten Mal auf gerne wieder ein paar Höhenmeter weniger nehme.
Zusammenfassung
Ein Hausberg mit Niveau. So braucht man hier von allem ein bisschen. Ein bisschen Saft für den langen Zustieg, ein bisschen Souveränität im überwiegend festen aber an den Schlüsselstellen nicht ganz leichten Fels. Und im Frühling – ein bisschen Pickel und Nerv für Firn.
Meine Lieblingstour wird es nicht werden, dafür waren mir große Teile des Anstiegs zu gleichförmig, das Landschaftsbild zu städtisch und die Meter im Fels zu kurz. Gefühlt ist es – und das war mir von Ben’s berichten ja auch völlig bewusst – ein ganz ordentliche Trainigsberg der Innsbrucker, der neben einer kleinen Konditionsprüfung mit einigen exzellenten und abwechslungsreichen Kletterstellen besticht. Ein eigenständiges Kletterziel (so richtig mit Seil und so) oder eine wirklich reizvolle Bergtour ist der Südgrat auf die Brandjochspitze für mich persönlich nicht.