Literatur: Panico Skitourenführer Allgäu*
Tourenberichte von Skitouren sind immer so eine Sache. Allzu viel gibt es oft gar nicht zu erzählen. Man folgt einer Spur, steht auf einem Berg und fährt wieder ab. Diesen Winter kommt noch die Komponente dazu, dass man sich mindestens einmal ganz kräftig über Schneequalität- und Menge echauffiert. Aber sonst? Die minutiöse Auseinandersetzung mit Schlüsselstellen und einzelnen Bewegungen entfällt und meistens folgt man einfach den logischen und gangbaren Hängen auf das Ziel der Begierde. Und so wird dieser Artikel wahrscheinlich wie der zugehörige Ausflug:
Kurz & knackig

Unser Ziel ist der knapp über der 2000-Meter-Grenze aufragende Ponten. Eine ziemliche Paradeskitour im Tannheimer Tal – obwohl sich der Berg vom Ausgangsort Schattwald aus gesehen kaum zeigt. Die Gründe für seine Beliebtheit liegen dennoch auf der Hand: nordseitige Hänge und ein vergleichsweise direkter Anstieg sorgen für den notwendigen Spaß in der Abfahrt. Um eine allzu geringe Schneelage im Tal muss man sich auch nicht sorgen – etwa die Hälfte der Tour entfällt auf das Skigebiet Schattwald, dessen Pisten vor allem für die Abfahrt herhalten müssen.
Aufstieg
Für uns ist der Ponten eine kleine, abendliche Spritztour auf dem Weg ins Allgäu. Die Sonne steht schon tief, als wir im wirklich schattigen Schattwald in unsere Skischuhe schlüpfen. Vom Parkplatz aus geh es kurz nach links über eine Brücke und dann direkt nach rechts in den Hang. Eine Spur wird hier fast immer angelegt sein und das ist auch gut so: mit halbwegs aggressiven Schildern (Stand 12/2024) wird direkt am Parkplatz darauf hingewiesen, dass aufsteigende Tourengeher am Pistenrand nicht gerne gesehen sind. Umso überraschter sind wir, dass wir auf der linken Seite des Stuibenbachs eine wunderschöne und einsame Spur durch den winterlichen Wald finden. Theoretisch klemmt man immer noch irgendwo zwischen den kurz vor dem Jahreswechsel gut besuchten Pisten. Praktisch bekommt man davon überhaupt nichts mit.

Nach rund 200 anregenden Höhenmetern im Gelände lässt sich der Pistenkontakt nicht mehr vermeiden – er fällt aber kaum ins Gewicht. Einige hundert Meter folgen wir dem Ziehweg hinüber zur Stuibenalpe. Hier endet der letzte Lift und der Trubel – dafür präsentieren sich einige feine Skitourenberge in greifbarer Nähe. Das beste Bild gibt wohl der formschönere Bschießer (2000m) ab, welcher rechterhand steile Rinnen und schöne Hänge präsentiert. Der marginal höhere Ponten lässt sich aus dieser Perspektive noch nicht ganz fassen.
Latschengürtel
Ja wenn man nun Schnee hätte…

Dann wäre der Latschengürtel bestimmt ein Genuss. Aber wir haben Dezember 2024 und der wird ganz bestimmt nicht als besonders winterlicher oder schneereicher Monat in die Geschichte eingehen. Entsprechend schmal ist der Pfad, der durch das Dickicht führt. Im Aufstieg – lösbar. In der Abfahrt gewiss auch. Aber die Akustik und Mimik einiger uns entgegenkommender TourengeherInnen zeigt an, dass das wahrscheinlich nicht der allerlohnendste Teil der Abfahrt ist.
400 Meter und 100 Höhenmeter später spuckt uns der Dschungel wieder auf und wir stehen endlich am Fuße des hübschen Kares zwischen Ponten und Bschießer, welches das Herzstück dieser Skitour bildet.
Im Güntle
Die weiten Hänge sind heute mit einer sehr dünnen aber ausreichend verfestigten Schneedecke bedeckt – die Abfahrtsspuren sind so zahlreich, dass sich der Hang kaum von einer Piste unterscheidet. Die Lawinengefahrt ist damit gebannt – die Powderträume aber auch. Gerechnet hatten wir damit glücklicherweise ohnehin nicht. Man kann sich aber ausmahlen, dass diese Abfahrt bei hoher Schneelage und frischerem Schnee ein ziemlicher Genuss ist.

Das Kar zieht sich im Aufstieg ein wenig, führt durch eine kurze Senke und steilt dann final in knapp 30 – 35° steilen Hängen zum Grat hin auf. Je nach Spurenwahl kann man es sich hier nach Belieben einfacher oder schwerer machen – einzelne Bereiche dürften nämlich auch wesentlich steiler sein. Die übliche Aufstiegsspur scheint den markanten Felsriegel unterhalb zu kreuzen und dann eher linkshaltend in flacheres Gelände zu queren. Bei gutem Schnee ist das eine gemütliche Sache – bei den recht eisigen Bedingungen unserer Begehung fühlt sich die eine oder andere Spitzkehre über den abfallenden Schrofen doch ein wenig exponiert an.
Wir erreichen den Grat und damit die Sonne und einen gewaltigen Blick in die Allgäuer Alpen.
Brutal schee!
Im Dauerschatten des nordseitigen Anstiegs hatten wir beinahe vergessen, dass wir schon noch genug Sonne haben um vor Sonnenuntergang den Gipfel zu erreichen und dann auch noch bei Licht und zu angemessener Zeit ins Tal abzufahren.
- Im besten Licht
- Blick zum Skidepot
- Das Gaiseck gibt ein tolles Bild ab
- Tiefblick zu Abfahrtshang und Latschengürtel
Gipfelanstieg
Dem Skibergsteiger wird das taugen – dem abfahrtsorientierten Skitourengeher vermutlich etwas weniger. Zum Ponten sind es nochmal 120 Höhenmeter an einem einfachen aber in den meisten Fällen wohl nicht mehr sinnvoll mit Skier begehbaren Grat. Wir entscheiden uns den Gipfel noch mitzunehmen, lassen die Skier in der Scharte stehen und stapfen los. Eingetretener Schnee und apere Stellen wechseln sich ab – Steigeisen brauchen wir heute nicht. Das kann aber bestimmt auch anders aussehen. Seitlich fallen teils durchaus eindrückliche Hänge ab und spätestens der Übergang vom Hauptgipfel auf den kleinere, aber bekreuzten Nebengipfel ist recht luftig.
- Allgäuer Prominenz und winterliche Gratschneiden
- Am Ponten Hauptgipfel
- Zwischen den Gipfeln & zwischen Licht und Schatten
- Blick zum bekreuzten Nebengipfel – der Abstieg zu diesem ist kurz recht luftig
Im goldenen Licht und perfekter Einsamkeit erreichen wir den Hauptgipfel und steigen über den kurz schmalen Firn- und Felsgrat zum Gipfelkreuz ab. Wir finden uns auf einem grandiosen Aussichtsberg wieder – dessen Qualität wir von unten wirklich geringer eingeschätzt hatten. In der klaren Luft reicht der Blick vom Hochvogel über die Lechtaler Alpen bis zu den prominenten Klettergipfeln im Tannheimer Tal. Sogar der Säntis trotzt im Westen noch dem gelben Horizont.

Nach einer kurzen Rast geht es für uns Retour zum Hauptgipfel und von dort rasch in immer schönerem Licht zurück zum Skidepot. Ein Studium des gegenüberliegenden Bschießer zeigt, dass es hier einige sehr spaßige Steilwand- und Rinnenabfahrten gibt.
Nächstes Mal.
- Ein letztes Mal: Gaiseck und Rauhorn
- Bschießer im Abendlicht
Und Abfahrt
Im inzwischen einsetzenden Alpenglühen schlüpfen wir in die Bindungen und fahren in das steile und knallharte Kar ein. Piste halt. Mit knatternden und flatternden Skiern bahnen wir uns den Weg hinab, fahren die steile Querung unter dem Felsriegel zurück und finden in den Mulden ein paar Meter angenehmeren Schnee. Dann holt uns der Latschengürtel in die Relaität eines reichlich schneearmen Winters zurück und ein paar wilde Ausweichmanöver später stehen wir schon wieder auf der Skipiste. Und wenn die Piste das Abfahrts-Highlight einer Tour im Gelände ist, weiß man, dass die Bedingungen möglicherweise nicht optimal sind. Aber es zählt ja das Gesamterlebnis. Und das war heute – auf einem wunderschönen Gipfel – mindestens grandios.
- Rückblick zum Ponten – von dem tollen Berg ist fast nichts mehr zu erkennen
- Pistenartige Abfahrt im Kar
- Noch vor Sonnenuntergang sind wir wieder im Tal
Schwierigkeit, Versicherung und Material
Feiner Skitourenberg, dem ich bei guten Bedingungen wirklich begeisterndes Gelände zutraue. Ein Geheimtipp ist der Ponten nicht. Gefallen hat mir vor allem die viele Abwechslung auf vergleichsweise kurzer Strecke – einfach ein bisschen von allem. Der obligatorische Waldaufstieg ist im Aufstieg absolut fein und wird in der Abfahrt elegant auf der Piste umgangen, der Latschengürtel stellt ein kleines aber verkraftbares Ärgernis dar. Danach tolle, weite und homogene Nordhänge, die aber durchaus ihre kurzen, steilen Momente haben und typisches Lawinengelände darstellen. Der Grat und Gipfelanstieg fügt dann noch eine kleine, bergsteigerische Komponente hinzu – ist nie wirklich schwierig – je nach Bedingungen aber auch nicht völlig trivial. Und all das erlebt man auf nichtmal 1000 Höhenmetern.
Zusammenfassung
…und nicht zu vergessen: eine ganz fantastische Aussicht zu ernsthaft schönen Gipfeln und zukünftigen Zielen.