Kletterblog & Berggeschichten
Zischgeles (3004m) – Skitour von Praxmar (WS+)
Zischgeles (3004m) – Skitour von Praxmar (WS+)

Zischgeles (3004m) – Skitour von Praxmar (WS+)

Literatur: Panico Skitouren und Skibergsteigen Stubaier Alpen*

Eine Massage für’s Ego. Mit Presslufthammer.

Die Zischgeles ist wohl eines der einfachsten Ziele, das die magische 3000er-Grenze um vier stolze Meter reißt. In den mit je nach Zählweise 140 3000ern bestückten Stubaier Alpen ist sie keine Besonderheit. Der vor allem im Winter ausgeprägte Ansturm auf diesen Gipfel hat andere Gründe: Durch den relativ hohen Ausgangspunkt lässt sich der Berg überraschend gemütlich und direkt mit den Mühen von 1300 Höhenmetern besteigen. Technische Schwierigkeiten oder Gletscherkontakt sucht man vergebens – stattdessen gibt es weite, teils steile Hänge gepaart mit einer grandiosen Aussicht.

Dass der Berg aber als Trainingsgerät missbraucht wird hatten wir nicht auf dem Zettel und staunen nicht schlecht, als wir durchgehend und in brachialer Präzision von Scharen von Rentnern überrundet werden. Das ist überhaupt nicht abwertend gemeint – ihr rockt! Wir wurden trotzdem über den Haufen gerannt und die Zischgeles markiert einen brauchbaren Abschluss der Wintersaison 23/24.

Aufstieg von Praxmar ins Kamplloch

Aufgrund üppiger Spuren ist die Tour kaum zu verfehlen. Das wird auch die Regel sein. Trifft man Zischgeles mal unverspurt an, so lohnt wahrscheinlich ein zweiter Blick auf die Lawinenprognose. Wir folgen dem Fahrweg in einer kurzen Links-Rechts-Schleife bis unter die Marleralm – tatsächlich ist es aber eleganter direkt zum Lifthäuschen zu Latschen und ins kupierte Gelände unter der Schäfalm einzusteigen.

Dann geht es immer dem weitläufigen Kar folgend empor, bis dieses auf etwa 2400 Metern Höhe nach links abknickt. Die Hänge steilen auf und führen durch homogen 25 – 30° steile Flanken. Dank gutem Auslauf und schöner Spur läuft sich das aber ziemlich gemütlich. Bloß die Kondition lässt heute bei uns zu wünschen übrig – was wir vor allem an den zahllosen Überholmanövern festmachen. Vielleicht wird es langsam Zeit wieder in die Kletterschuhe zu wechseln. Vom Gejagten zum Jäger.

Was hier aber nochmal hervorgehoben werden sollte: Die Zischgeles ist durchaus lawinengefährdet. Die Hänge hier oben sind steil und weitläufig – die nördliche und östliche Ausrichtung macht sie durchaus auch zu einem Ziel für Triebschnee. Der Panico Skitourenführer Stubaier Alpen* bringt es so auf den Punkt:

Man sollte sich von den zahlreichen Spuren der Vorgänger nicht täuschen lassen, der Berg hat schon mehrere Lawinenopfer gefordert

In frühlingshaften Bedingungen und pistenartig eingefahrenen Hängen bei einem 1er im Gelände dürfen wir uns heute aber ganz sicher fühlen. Auf 2800 Metern erreichen wir den breiten Grat zwischen Oberstkogel und Zischgeles, dessen Gipfelaufbau sich als kühne aber nahbare, kleine Pyramide präsentiert.

Der formschöne Gipfelaufbau vom Grat aus gesehen

Gipfelanstieg

Wir folgen dem Grat noch eine kurzes Stück und vollziehen eine im Frühjahr 2024 etwas schmalere Querung zum Skidepot. Die letzten Meter geht es zu Fuß durch steiles aber gutmütiges Blockwerk, welches stellenweise mit Fixseilen entschärft ist. Im Sommer geht sowas als T3 durch. Bei ganz fiesen Bedingungen können die allerletzten Meter wahrscheinlich sogar ein wenig knusprig werden – allzu viel Platz ist auf dem kleinen Horn nicht mehr. In den meisten Fällen wird man aber eine gute Spur vorfinden und auch ohne Steigeisen sicher zum aussichtsreichen Gipfel aussteigen können.

Ringsum zeigen sich viele interessante Berggestalten und zahlreiche gezackte Aufstiegsspuren ziehen ihre Bahnen durch die großen, weißen Hänge. Besonders kühn zeigt sich die gegenüberliegende Grubenwand, die uns um spürbare 150 Meter überragt. Aber auch sonst ist reichlich Prominenz zu erspähen. Im Südosten mache ich sogar die winzige Horntalspitze aus, welche Ben und ich im Januar genutzt haben um uns von der grottigen Abfahrt von der Ruderhofspitze zu erholen.

Die Grubenwand schürt Ehrfurcht

Abfahrt

Dass die Abfahrt aufgrund der durchgehend steilen, weiten Hänge sehr lohnend und anhaltend ausfällt dürfte inzwischen bekannt sein. Theoretisch gibt es auch die Möglichkeit vom Skidepot in das direkt nördlich liegende Sattelloch abzufahren und später über einen kurzen Steilhang wieder ins Kamplloch zu wechseln. Für uns wird es aber die Abfahrt auf dem Aufstiegsweg – welche in überraschend schönen, weichen und punktuell nur dünn verspurten Schnee leitet.

Entsprechend rasch haben wir die oberen Steilhänge hinter uns gelassen und schweben dem Ruf der Gravitation folgend durch das schöne Tal. Ein paar Schwünge später stehen wir schon wieder am Ausganspunkt und Endpunkt der Skitourensaison. Meiner ersten Skitourensaison sogar. Lustig war’s.


Schwierigkeit, Versicherung und Material

Überwiegend zahme, direkte und logische Skitour – der kurze Gipfelaufschwung fällt kaum ins Gewicht und sollte bei normalen Verhältnissen ohne zusätzliche Ausrüstung machbar sein. Die Hänge sind im oberen Teil des Kampllochs aber homogen steil und weit – gerade im Frühwinter muss auf eine sichere Lawinenlage geachtet werden. Ansonsten kriegt man hier aber mit überraschend wenig Aufwand einen hübschen 3000er, der neben dem Status als solcher auch eine feine Aussicht und sehr lohnende Abfahrt bereithält. Alleine ist man definitiv nicht – die Zischgeles dürfte eines der mit Abstand beliebtesten Tourenziele in der Region sein.

Zusammenfassung

Ich geh dann mal trainieren. Egal was.

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