Dabei ist es eigentlich ziemlich sonnig und warm. Das Lied läuft trotzdem, als wir durch kleine Gassen in Chamonix einfahren, wo wir im Rahmen einer DAV Gemeinschaftsfahrt eine ausgedehnte Bergwoche verbringen wollen. Es ist unser erstes Mal in dieser Region. Und vielleicht auch generell das erste Mal im derart vergletscherten und verschwenderisch dimensionierten Hochgebirge. Das wird direkt deutlich, als wir zum ersten Mal die absurde Eismasse des Bosson-Gletschers über den Dächern hängen sehen – wohlwissend, dass das allerhöchstens die Spitze des Eisbergs ist.
Nach einem “Schlechtwettertag” im Gletscherbruch des Mer de Glace haben Hannah, Simon und ich uns eine Eingeh- und Akklimatisierungstour ausgedacht und waren dabei wenig kreativ: die Lachenal-Traverse wird als DIE Eingehtour im Mont-Blanc-Massiv gehandelt. Und ich gebe ehrlich zu – ich habe die Tour im großen Stil belächelt. Die Gondel der Aiguille du Midi kotzt einen direkt auf 3800 Metern raus – ein Stückchen höher als das geplante Bergziel. Dahoam in Garmisch, hätte eine Fahrt auf den Osterfelderkopf um von dort aus das Kreuzeck zu bezwingen wohl den selben alpinistischen Reiz. Insgesamt kommt man mit der Runde auf 400 Höhenmeter und etwas über 3 Kilometern. Dahoam in Garmisch würde ich für sowas 30 Minuten ansetzen.
Genug gelästert. Die Pointes Lachenal sind drei kleine Gipfel, die von Norden gesehen um knapp 100 Höhenmeter aus dem umliegenden Gletscher herausragen und dabei im Schatten des äußerst wuchtigen Mont Blanc du Tacul stehen. Nach Süden präsentieren sie eine durchaus kühne Felswand, durch die es auch längere und anspruchsvollere Touren gibt. Wir begnügen uns mit der Überschreitung, welche üblicherweise von Ost nach West gegangen wird. Dabei lässt sich je nach Bedingungen im kleinen Maßstab bereits das Gelände abtasten, dass es ringsum im großen Stil zu meistern gibt: Gletscherquerung, ggf. Randkluften, Firnflanken, schmale Grate, Fels- oder Mixed-Kletterei im ~ 4. Grad und eine Abseilstelle.
Abstieg von der Aiguille du Midi
Zur Mittagszeit erreichen wir die Aiguille du Midi – den kuriosen Techno-Aufsatz auf dem kühnen Horn über Chamonix. Warum wir so “spät” starten, ist im folgenden Absatz noch kurz erläutert. Meine Anspruch an diesen persönlichen Blog genügt es nämlich nicht, einfach vollendete Tatsachen zu präsentieren. Stattdessen möchte ich auch nochmal einen kurzen, authentischen Ausflug in die Bergsteigerei am Mont-Blanc wagen und meinen ersten Eindruck und ein paar markante Unterschiede zu den Tourengebieten der Ostalpen schildern.
Zunächst aber das übliche. Etwas Hektik – denn wir wollen ja auch die Gondel ins Tal kriegen und haben gar kein so großes Zeitfenster. Etwas Anspannung – denn direkt aus dem Eistunnel der Aiguille du Midi betritt man einen scharfen, ausgesetzten Firngrat, der woanders die Schlüsselstelle einer ganzen Tour wäre. Befeuert wird dies von der Tatsache, dass ich meine Gletscherbrille vergessen habe und im Eilverfahren im Souvenirshop der Gondelstation für Nachschub sorge. Aufsetzen, Gurte bestücken, Rucksack schultern. Das Licht am Ende des Tunnels anpeilen. Nicht über andere Seilschaften stolpern. Seilfrei ins Licht. Tiefblick
Ohne jemals ein Raumschiff verlassen zu haben – so im etwa stelle ich es mir vor.
Ein Schalter wird umgelegt und man befindet sich in einer anderen Welt. Schön ist sie. Aber auch gefährlich. Die Konzentration muss direkt da sein, denn wer hier erste Gehversuche mit Steigeisen macht spielt mit dem Feuer. In den folgenden Tagen werden wir den Firngrat zur und von der Aiguille du Midi als Hillary-Step der Region kennenlernen, an dem sich durchaus abenteuerliche Gehtechniken und Sicherungstechniken beobachten lassen.
Über einem Wolkenmeer führt uns der schneeweiße Laufsteg hinab auf einen Absatz über dem Vallèe Blanche – das weiße Tal. Der Name ist Programm. Gegenüber das unendliche Zackenmeer der Mont-Blanc-Gruppe. In der Ferne die kühnen und markanten Erhebungen von Aiguille Verte und Drus. Rechts der markante Dent du Géant und dahinter die irrwitzige Mauer der Grandes Jorasses. Auf dem Papier habe ich das alles schonmal gesehen. Der Eindruck vor Ort übertrifft die Erwartungen. Was hier rumsteht ist wirklich in jeder Kategorie obszön.
Touren im Mont-Blanc-Gebiet: Ein erster Eindruck
Dass wir überhaupt hier sind grenzt an ein Wunder. Die Logistik – wir sind aber vielleicht auch ein wenig naiv an die Sache rangegangen – scheint nicht trivial und viele Prinzipien aus den Ostalpen gelten hier nicht oder nur für einen sehr exklusiven und gehobenen Kreis. Ein paar erste Eindrücke – ganz subjektiv und nicht fundiert:
- Gondeln sind hier das Mittel der Wahl. Die rosige Vorstellung, man laufe im Tal los und besteige einen Berg – wenn nötig mit Hüttenübernachtung – spielt eine eher untergeordnete Rolle. Es gibt solche Touren und es gibt auch sehr respektable Bergsportler, die sich auch hier in diesem Stil bewegen – die “Masse” nutzt aber definitiv Gondeln um kleine Touren am selben Tag zu machen, Hütten zu erreichen oder sich in Position für ein Biwak zu bringen. Die allermeisten ernsten Touren erfordern mindestens einen Tag für Auffahrt und Vorbereitung und einen stabilen Tag für die Tour. Auch Touren, die in ihrer Schwierigkeit, Strecke und Höhenmetern in den Ostalpen eine realistische Tagestour wären, lassen sich mit durch die Fahrzeiten vorgegebenem Start via Gondel kaum sicher durchführen.
- Hütten lassen sich bestenfalls spontan buchen. Die Bedingungen sind kleinräumig, kurzweilig und kaum planbar. Eine Tour über Monate, Wochen oder sogar nur Tage voraus zu planen ist allenfalls optimistisch und wird nur in den seltensten Fällen funktionieren. Setzt man sich fest für mehrere Tage auf eine Hütte und wartet gute Tage ab (was woanders eine gute Idee sein mag), so ist man hier in den meisten Ecken auf ein sehr kleines, fragiles Tourenangebot beschränkt. Übergänge zwischen Hütten oder Regionen können für sich schon ausgedehnte bis heikle Tagestouren sein, abseits der normalen Ausgangspunkte und Wege herrscht wirklich Wildnis.
- Wildnis. Berge sind gefährlich – passt. Kennen wir. Speziell in der Mont-Blanc-Gruppe hatte zumindest ich aber das Gefühl, dass dich wirklich jeder Quadratmeter Berg umbringen möchte und dies manchmal auch tut. In wenigen Tagen und bei sehr guten Bedingungen haben wir so vielen Naturspektakeln beiwohnen dürfen wie in drei intensiven Bergjahren zuvor nicht: Steinschläge, massive Felsstürze, Seracbrüche, Lawinen, Murenabgänge. Das ist nichts besonderes. Die Frequenz und Nähe zu solchen Ereignissen hat zumindest bei mir aber ein wenig mental gearbeitet und gibt den Touren abgesehen vom tatsächlichen Gelände nochmal eine eigene “Schwere” und wahrgenommene Exposition.
- Stau ist wirklich üblich und kann in die klassischen Touren fest eingeplant werden. Wartezeiten jenseits einer Stunde an Schlüsselpassagen und Abseilstellen sind definitiv nichts besonderes.
Gletscherüberquerung
Wir seilen uns an und betreten den so früh im Jahr noch perfekt überschneiten Gletscher. Ein ziemlicher Selbstläufer, der sich heute extrem schnell abwickeln lässt. Im Hochsommer sieht es hier bestimmt anders aus. Unsere Tour ist gut besucht und gut eingespurt – wir folgen der ausgetretenen Spur unter den Südwänden der Aiguille du Midi entlang und biegen dann vor der Cosmiques-Hütte nach Süden ab.
Firnflanke unter den Ostgipfel (35°)
Viel zu schnell ist die Firnflanke erreicht. Wir packen das Seil weg und steigen mit Pickel und Steigeisen die kurze Flanke empor. Ihre Steilheit ist human, der Schnee gut eingetreten. Wild ist nur der Wind, der hier mit recht belebenden Böen einschlägt und ein deutlicher Kontrast zum Beginn der Tour ist. Auf dem Gletscher und am Abstieg von der Aiguille du Midi war es nämlich nahezu windstill.
Wenige aber anstrengende Höhenmeter später erreichen wir bereits den breiten Firngrat zwischen Ost- und Mittelgipfel. Ersteren sparen wir uns – die kleine, überschneite Erhebung lächelt uns nicht wirklich an und uns sitzt ja weiterhin die letzte Talfahrt im Nacken. Also wenden wir uns nach Westen – dem deutlich ausgeprägteren und felsigen Mittelgipfel zu.
Grataufschwung Mittelgipfel (II)
Es gibt Seilschaften, die hier bereits sichern. Obwohl wir heute und ohne Vorwarnung in die Höhe katapultiert nur wenig performant sind, profitieren wir hier von reichlich Routine im einfachen Mixed-Gelände. Wir überholen eine Seilschaft und rauschen schnell durch das Blockgelände. Normalerweise wird hier der II. Grad angesetzt – mit perfektem, griffigen Schnee tut es heute aber auch der I. Grad. So richtig was leisten muss man noch nicht und einen Tiefblick gibt es mit der sanften Firnflanke im Rücken auch noch nicht.
Das ändert sich am Scheitelpunkt des Aufschwungs. Der Grat zieht sich spürbar zusammen und nach Süden bricht das Gelände nun steil ab. Ein kurzes, schmales aber einfaches & horizontales Gratstück bringt uns dann auf den Mittelgipfel.
Da vor uns noch eine Seilschaft die Abseilstelle hinter dem Mittelgipfel belegt, machen wir eine kurze Pause. Ich hab auch Zeit, mal wieder an meinen Steigeisen rumzubasteln. Nachdem diese einige Wochen zuvor auf der Paglia Orba extrem angefangen haben zu stollen, hatte ich gehofft heute mit anderem Schnee wieder ein wenig Vertrauen zurückgewinnen zu können. Fehlanzeige. Die Antistollplatten sind definitiv durch – ich darf jeden vierten Schritt einmal den Fuß gegen einen Stein schlagen, wenn ich die integrierte Bobfahrt ins Tal nicht nutzen will. Zum Glück habe ich Reservesteigeisen dabei.
Abseilen vom Mittelgipfel
Wenige Meter hinter und unter dem Mittelgipfel ist eine hübsche Abseilstelle eingerichtet. Das heißt ein Bohrhaken und eine gebohrte Sanduhr, etwas Reepschnur und ein Schraubglied. Um dort hinzugelangen steigt man in südlicher Richtung vom Gipfel ab und quert – extrem luftig – über einen kurzen und kühnen Spreizschritt zum Band mit der Abseilstelle. Wir werfen hier eine lange Bandschlinge um einen Block um den kurzen, kühnen Schritt zu entschärfen. Wenig später fliegt uns 60 Meter Seil schon nach Norden in den verschneiten Hang. Mit den uns zur Verfügung stehenden 30 Metern kommen wir irgendwo in die steile Flanke – was aber eh passen wird.
Querung zur Schlüsselstelle
Die Flanke in der wir am Ende des Seils landen ist recht steil. Das wäre im hübschen Wühlschnee kein großartiges Problem – speziell hier hat der Wind bei unserer Begehung aber einen guten Job gemacht und eine ziemlich dünne und staubige Schicht Schnee zurückgelassen. Mit Vorsicht steigen Hannah und Simon zwei Meter ab und traversieren dann unter einigen Felsriegeln hinüber zu einer Stelle, an der sich im steilen Schnee wieder der gutmütige Schneegrat ersteigen lässt.
Ich bleibe mit der etwas undankbaren Aufgabe zurück, das Seil abzuziehen und aufzunehmen. Selbstgewählter Glückszustand. Einen Moment brauche ich aber schon um in den nicht ganz idealen Tritten eine Seilpuppe zu basteln und diese inmitten eisiger Windschübe auf meinen Rucksack zu packen. Dann steige ich die etwas knifflige Querung nach und erreiche den Grat vor der Schlüsselstelle.
Das Militär macht hier gerade eine Übung und seilt sich von einer großen Schneeglocke nach Norden ab. Lustig anzusehen. Tatsächlich ist die Flanke hier flach genug und hat einen relativ entspannten Auslauf, sodass die Tour hier auch abgebrochen werden könnte. Im Sommer – mit einer Randkluft – mag das anders aussehen.
Etwas unterhalb des Grates steigen wir die Schlüsselstelle der Tour an: eine ziemlich offensichtliche Rinne mit großen Granitblöcken und einigen Schneestufen und etwas Eis. Feines Mixed-Gelände! Hannah übernimmt den Vorstieg und arbeitet sich mit zwei Eisgeräten durch die Rinne empor, während wir im Schatten und Wind langsam aber sicher auskühlen.
Mixed-Rinne zum Westgipfel (M4 bzw. 4b)
Der Vorstieg zieht sich vor allem deshalb ein wenig, weil die Seilschaft vor uns einen Friend versenkt und mit einem längerwierigen (und wenig erfolgreichen) Bergungsmanöver den Fluss durch die Rinne ein wenig ausbremst. Aber auch sonst entpuppt sich die Rinne als anspruchsvoll und Hannah muss bei dünner und vollständig mobiler Absicherung kühn und sauber klettern. Macht sie aber eh. Als sie den Standplatz erreicht – ein kleines Köpfl im Schnee – binden Simon und ich uns in einer Seilweiche ein und steigen mit einigen Metern abstieg synchron durch die Rinne. Ich bin mit einem normalen Hochtourenpickel bewaffnet – stelle dann aber fest, dass sich die Rinne zumindest im Nachstieg ganz angenehm klettern lässt. Viele Kanten bieten tolle Griffe an – dazwischen kann ich an wenigen Stellen im Eis auch mal etwas fester am Pickel ziehen oder mich auf der Haue abstützen. Vielleicht – ganz vielleicht – hatte Hannah es sich mit zwei Eisgeräten sogar ein wenig komplizierter gemacht als notwendig.
Egal in welchem Zustand man sie erwischt – einen in dem Gelände brauchbaren Vorsteiger braucht es schon. Die Absicherung ist zwar an einigen Köpfln und Rissen möglich – erfolgt aber zu 100% mobil und eigenverantwortlich. Bei Vereisung kann ich mir die Stelle schon spannend vorstellen – die Kletterei ist anhaltend, recht steil und in einigen Zügen auch ausreichend trickreich.
Die Crux versteckt sich bei unseren Bedingungen dann kurz vor dem Ausstieg aus der Rinne in Form einer kurzen, glatten und etwas abdrängenden Verschneidung. Die kleine Engstelle muss für einen Zug sauber ausgespreizt werden und ich bin froh, bereits einige Male etwas schwereren Fels mit Steigeisen geklettert zu sein. Dann stecken wir schon unseren Kopf über die Kante und sind wieder in der Sonne, wenige Meter unter dem Westgipfel und belastend nah an den bösartigen Seracs des Mont Blanc du Tacul.
Wir stapfen noch kurz zum Gipfel und gucken zurück über die kleine Überschreitung, die wir gerade gegangen sind. Vom Gelände her hat das perfekt gepasst – wirklich schwierig kam uns nichts vor. Und wir sind allesamt sprachlos. Über die irren Dimensionen und die raue Schönheit hier oben. Über die geniale Hochtour – die wir viel weniger lohnend angenommen hatten. Ich bin trotzdem überrascht. Wie umfangreich es sich jetzt doch angefühlt hat, die zwei winzigen Hügel zu überschreiten. Wie viele Stile und Disziplinen wir auf dem kurzen Weg abspulen durften. Und wie kaputt ich bin. Nichts dramatisches – aber so richtig freuen tut mich der Gedanke an den Gegenanstieg zur Aiguille du Midi nicht. Und das ist ein Problem, das ich normalerweise nach 3 Kilometern und wenigen, hauchzarten Höhenmetern noch nicht habe.
Für uns war die Tour wirklich wertvoll. Wir haben schnell und gemeinsam gelernt, ein wenig tiefer zu stapeln. In Art und Umfang der Touren für die Folgetage. Und das hat sich definitiv ausgezahlt – bis auf einen Tourenabbruch gelingen uns in den folgenden Tagen noch drei herrliche Hochtouren, die Lust auf mehr machen aber nicht am Limit kratzen oder in irgendwelche Engpässe führen. Denn solche – das muss man neidlos anerkennen – sind hier schnell gefunden.
Abstieg
Wir folgen dem Firngrat für einige Meter und steigen dann direkt über die Flanke wieder ab auf den Gletscher. Zu lange wollen wir uns unter den gewaltigen Eismassen nicht aufhalten und sind froh, als wir angeseilt sind und einen respektablen Abstand zu den Seracs am Tacul gewonnen haben.
Gegenanstieg zur Aiguille du Midi
Dann geht es nur noch zurück zur Aiguille du Midi und per Gondel zurück nach Chamonix. Wobei “nur” hier eine Untertreibung ist. Der Gegenanstieg zieht sich gewaltig. Je nach Kondition, darf man vom Fuße der Aiguille du Midi bis zum Eingang in den Eistunnel nochmal eine knappe Stunde rechnen. Zumindest trifft das für die eigentlich fitte aber kaum akklimatisierte Horde aus Garmisch zu. Und wir waren bestimmt nicht die langsamsten. Ein wenig apokalyptisch ist es schon, wie sich hier die Massen von Bergsteigern nach ihren Abenteuern wieder hoch kämpfen um die Wildnis schlagartig wieder zu verlassen und zwischen Trubel und Tourismus mit einer kreischenden Gondelladung ins Tal zu brettern.
Die gute Nachricht ist – der Grat und seine Höhenmeter verlieren mehr und mehr seinen Schrecken. Am zweiten Tag ist die Firnschneide längst nicht mehr so eindrucksvoll und der Gegenanstieg wird planbarer und schneller. Am dritten Tag – den wir gar nicht mehr erleben – ist man wahrscheinlich schon Kilian Jornet.
Schwierigkeit, Versicherung und Material
Hochtour – die Schwierigkeiten stehen und fallen mit der Jahreszeit, Schneelage und den Bedingungen und werden exakt so kaum wiederholbar sein. Gletscher und Bergschrund spielen bei unserer Begehung keine Rolle, auch der Firngrat aus der Aiguille du Midi ist in festen, trockenen und gut gespurten Verhältnissen. Am Ostgipfel (falls man ihn mitgenommen hätte) überwiegt Gehgelände. Der Mittelgipfel ist in leichter Blockkletterei erreicht, einzelne Stellen erreichen eventuell den II. Grad. Bei unserer Begehung war die Querung nach der Abseilstelle beinahe die kniffligste seilfreie Passage, weil wir hier eine recht vereiste und dünne Schneedecke vorgefunden haben. Die Rinne auf den Westgipfel ist dann eine angemessene aber sehr schöne M4 / 4b Kletterei, die man wahrscheinlich nicht unterschätzen sollte. Als kleines Beispiel: die Kletterei am Cosmiques-Grat fällt für uns auch in der “Schlüsselstelle” einfacher aus. Wenn kein Schnee in der Rinne ist, soll diese nicht ganz ungefährlich sein, da die großen Blöcke und Schuppen teilweise lose sind.
Abseits der Abseilstelle finden wir kein fixes Material vor. Diese ist aber super eingerichtet. Die Rinne lässt sich im Fels mit einigen Köpflschlingen und Friends gut aber auch nicht ständig und überall absichern – Schnee und Vereisung erschweren das Vorhaben an dieser Stelle ein wenig. Richtiges Eis haben wir nicht vorgefunden.
Gletscherausrüstung, Pickel, Abseilmaterial, einige Schlingen und wenige, mittlere Friends. Eventuell kann man auch Keile legen – die hatten wir aber nicht zur Hand. Die Abseilstelle muss nicht wie bei uns mit 30 Metern gemacht werden – man kommt auch mit 15 Metern bereits vom Gipfelblock hinunter in gangbares Gelände.
Zusammenfassung
Joa – wir sind eingegangen. Und haben auf der kurzen Zeit und dem kleinen Raum bereits Vieles gelernt, was uns für den Rest der Hochtourenwoche helfen wird. Und wenn es nur die hohe Kunst des Gondelfahrens ist. Denn wie auch die Berge sind diese in Chamonix einfach ein bisschen größer und ein bisschen komplizierter.