Kletterblog & Berggeschichten
Tunnel & Perla Azzurra (WI4+)
Tunnel & Perla Azzurra (WI4+)

Tunnel & Perla Azzurra (WI4+)

Ich meckere in den aktuelleren Beiträgen immer mal wieder über den für mich fast gänzlich ausgefallenen oder nur mit großen Mühen beherrschbaren Skitourenwinter 2024/2025. Die Zeit wird die Wunden heilen…

Was man den kalten Monaten zwischen November und Februar aber lassen muss, ist dass sie ganz passable und stabile Eisverhältnisse geschaffen haben und die gängigen Ziele stets mit überschaubarem oder mangels Schnee gar nicht vorhandenem Lawinenrisiko erreichbar waren. Ein Luxus, der sonst mit dem ersten ergiebigeren Schneefall ein früheres Ende findet. Idealerweise passiert das sogar noch bevor sich überhaupt kletterbares Eis in den steilen Wänden und Furchen schattiger Nordwände hat bilden können. Nicht diese Saison: Viele Zustiege sind so trivial und sicher wie sie nur sein können. Und da wir bereits im Vorjahr einen Traum-Eis-Winter in den Dolomiten an uns vorbeiziehen lassen haben, steigen wir in einer eiskalten wie kristallklaren Dezembernacht ins Auto um diesen fatalen Fehler zu korrigieren.

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Le Motor
Von Ölkrisen, Galliern und Öffnungszeiten

Ohne hier allzu weit in das dramatische Vorspiel dieser Tour einzutauchen: unser treues Beförderungsmittel hat also um 4 Uhr nachts seinen Motorinhalt auf die Straße gekotzt und wir wiederum haben bald Besuch von der Feuerwehr und die Gewissheit, dass wir besagten eiskalten und kristallklaren Tag nicht im azurblauen Eis des Langentals verbringen werden. Letzteres ist nun ohnehin für einen kaum überschaubaren Zeitraum in eine ungewohnte Ferne gerückt.

Die Wochen vergehen und das Eis auch. Zumindest in unseren Breiten. Anfang Februar schleppen wir uns noch halbkrank in und durch den tropfenden Bafflfall, ein wenig später nehme ich noch eine späte und punktuell sogar bereits grenzwertig apere Begehung in der Heimgarten-Nordwand mit. Spätestens ab Mitte Februar ist der ganze Alpenraum schon spürbarer von Frühlingsgefühlen besetzt. Der ganze Alpenraum? Nein! Ein von unbeugsamen Eislinien bevölkertes Gebiet hört nicht auf dem Frühling Widerstand zu leisten! Wir ignorieren mal zugunsten der Asterix-Analogie, dass es natürlich auch in anderen Gebieten und Höhenlagen noch Eis gibt und gab. Wir wollen einfach noch unseren Ausflug in die Dolomiten nachholen. Wohlwissend, dass es wahrscheinlich vorerst der letzte seiner Art sein wird.

Unsere Routenwahl fällt auf einen leichten aber interessanten Anstieg im Vallunga vor den Toren von Wolkenstein. Besagtes Tal ist Schauplatz spektakulärer Eisfälle und Mixed-Begehungen und allein aus Bildungsgründen einen Besuch wert.

Hello, do you have the G-Tech??

Hannah hat sich zu Recht vor Wochen schon in den Kopf gesetzt zur Feier des Tages und des Lebens mal nicht mit einem Kat. C Schuh ins Eis zu gehen. Stattdessen soll mit dem La Sportiva G-Tech* mal ein angemesseneres Geschoss her, welches sich dank Kat. D Sohle nicht unter den Steigeisen krümmt und biegt. In einer Männerdomäne ist genau dieser Schuh aber kaum in den richtigen Größen zu haben. Aber wo ein Wille, da ein Weg und so werden auf der Fahrt über den Brenner noch sämtliche Bergsportgeschäfte zwischen Bozen und Wolkenstein konsultiert. Man ist ja quasi an der Quelle. La Sportiva sitzt in Fiamo di Zienne am Fuße der Dolomiten und unweit unseres Ziels. Und genau dort steht auch der G-Tech in der mutmaßlich passenden Größe. Eine Rarität.

5 Minuten vor Ladenschluss und nach einer abenteuerlichen Anreise stürmen wir den Laden, strapazieren die Öffnungszeiten des Factory Stores und stehen wenig später mit einem gelb-roten Schuhpaar wieder vor der Tür. Dann sind ja nun alle Zutaten gesammelt, die es für einen Eiskletter-Tag im Langental braucht. Hat jetzt eigentlich auch nur 2 1/2 Monate gedauert.

Zustieg

Vallunga heißt übrigens Langes Tal. Der sonst übliche Namen Langental ist dann nur eine logische Ableitung dessen und tatsächlich Programm. Ganz am hintersten Ende dieses Tals verstecken sich unsere Touren: Tunnel und Perla Azzurra. Das sind streng genommen zwei Anstiege im Eis, die aber im unteren Abschnitt identisch verlaufen und sich dann für zwei markante Einzelstellen aufspalten. Entsprechend populär ist die Kombination der beiden, welche leicht innerhalb eines Klettertages absolviert werden kann. Man möchte ja nicht zweimal in ein langes Tal hatschen.

Beide Wege kommen einzeln betrachtet auf knapp 200 Klettermeter von denen aber keinesfalls alle durch steiles Eis führen. Ein Groß der Strecke entfällt auf schneegefüllte Rinnen und kurze, einfache Stufen im Eis. Die Wand ist im Bereich der beiden Eisfälle gestuft und unübersichtlich. Ein wirklicher Tiefblick oder außerordentlich luftige Kletterei kommt nicht oder nur kleinräumig zustande – zumindest im Vergleich mit den wilden Linien, die hier in den Nachbarwänden hängen und auf wesentlich stärkere Eiskletterer warten.

Die beiden jeweils namensgebenden Schlüsselstellen erreichen dann aber doch den je nach Quelle und Bedingungen oberen 4. Eisgrad. Der „Tunnel“ ist ein gigantischer Klemmblock, unter dem ein fast schon erhabenes Mauerwerk durchschritten wird. Tunnel halt. Direkt dahinter zieht dann eine immer schmaler und steiler werdende Eissäule empor, die die Wand durch ein enges Gully verlässt. Das Herzstück der Perla Azzurra dagegen ist ein weithin sichtbares, kompaktes Eisschild von vielleicht 15 – 20 Metern. Eine kleine, blaue Perle in der felsigen und schattigen Wandflucht.

Der Zustieg gestaltet sich recht einfach. Man folgt immer dem Verlauf des Tals in Richtung Forcella di Ciampei. Zunächst auf bzw. entlang einer Loipe, später auf einem nie wirklich steilen Pfad, den man vermutlich ohnehin gespurt vorfinden wird. Die Mitnahme von Skiern mag lohnend klingen und ist im Aufstieg und für den Anfang des Abstiegs sicher ganz heiter – ob man sich so richtig Zeit und Kraft spart ist aber eine Einzelfallentscheidung. Mit einem kurzen Gegenanstieg und vielen, ausladenden Flachstücken sollte man keine allzu brausende Abfahrt erwarten. Kurz nachdem man die 2000 Meter Grenze überschritten hat und noch bevor das Tal wirklich ansteilt tauchen rechterhand die Eisfälle auf.

Als wir den Einstieg erreichen sind wir ziemlich genau 1:30h gewandert. Das ist bestimmt keine Rekordzeit für die anfallenden 6 Kilometer und 500 Höhenmeter. Wirklich langsam ist es aber auch nicht. Der wenige Schnee und die gute Spur machen’s möglich. Mit uns sind einige Seilschaften ins Tal gestartet. Eine von ihnen biegt auf halber Strecke zur eindrucksvollen Piovra ab. Zwei weitere peilen wie wir Tunnel & Perla an, die sich nun formschön vor uns aufbauen:

Übersicht: Unten die Einstiegsvarianten, oben rechts das Schild der Perla Azzurra und oben links unscheinbar der Eingang in den „Tunnel“

Da die beiden Seilschaften den rechten, gestuften Einstieg vorziehen weichen wir zu dem linken Einstieg aus. Der ist ganz schön steil und direkt und ähnelt dem zentralen Kompakteisschild der Perla Azzurra. Zu so früher Stund‘ wird er sogar beinahe einen Hauch schwerer zu klettern sein.

1. Seillänge (linke Variante, WI3-4)

Ganz schön steil…

Was aus der Ferne und mit einer Portion Überheblichkeit wie die „schönere Linie“ aussah, baut sich beim Näherkommen ganz schön vertikal und bedrohlich auf. Kein Wunder, dass sich der Ansturm auf das steile Stückchen Eis in Grenzen hält – wir sind die einzigen, die sich diese Variante heute antun. Da steiles Eis grundsätzlich Hannah’s Disziplin und sie seit Anbeginn der Zeit die erste Seillänge einer Tour vorsteigt habe ich zwei gute Gründe mich heute um diesen Aufschwung zu drücken.

Aber auch Hannah hat zu kämpfen und gelangt unter Aufwand einiger Pausen und Eisschrauben in leichteres Gelände. Das Eis ist spröde und hat an der Oberfläche eine lückenhafte und morsche Glasur aus mutmaßlich angewehtem Schnee. Was für die scharfen Hauen der Eisgeräte und die Sicherheit der Eisschrauben weniger problematisch ist fällt den Füßen zur Last. Zweimal bricht mir ein Steigeisen aus und der Tritt verschwindet mitsamt einiger Nerven im Schnee am Wandfuß. Beeindruckender Vorstieg – wie so oft. Ausgleichen kann ich diese neu gewonnene Unsicherheit nur mit extra verkrampften Armen und besonders kräftigen Schlägen. Nunja…selbst im Nachstieg erreiche ich reichlich pumped das flachere Gelände und den Standplatz.

Auch die anderen Seilschaften in der etwas gestufteren rechten Variante jauchzen nicht gerade über die vorherrschende Eisqualität. Immerhin können wir also nicht vorwerfen, dass das Gras woanders grüner gewesen wäre. Oder das Eis blauer.

2. Seillänge (WI2-3)

Ziel der Begierde scheint die Perla Azzurra zu sein. Die Seilschaft vor uns ist hier zu Gange und pickelt sich bereits das schöne Eisschild und damit auch die Schlüssellänge empor. Das vergleichsweise flache Gully, welches linkerhand zum markanten „Tunnel“ führt ist noch frei. Wir müssen nicht lange nachdenken. Ich rausche am Standplatz vorbei und arbeite mich die kleinen Eisstufen zwischen den Stapfpassagen empor.

Schwierig ist das nicht. Eine wirkliche Seillänge aber auch nicht. Zwar gibt es auf halbem Weg zum Tunnel mal eine etwas steilere Stufe, an der sich ein guter Standplatz im Eis ausginge und an dessen linker Seite sich auch ein wenig fixes Schlingenmaterial finden lässt – wir bleiben aber in Bewegung und Hannah folgt mir am laufenden Seil bis unter den namensgebenden Klemmblock.

Das goldene Licht, welches auf der gegenüberliegenden und beinahe aperen Talseite reflektiert wird fällt in den Tunnel und taucht ihn in ein fast schon festliches Licht. Der Klemmblock und der darunter befindliche Durchschlupf sind bestimmt nicht gewaltig – eine sehr originelle Stelle und beeindruckende Landschaft entsteht aber allemal. Vor allem weil hinter dem Tunnel bereits wie ein verstecktes Juwel der Fuß des langen, finalen Eisfalls dieser Route zu erkennen ist. Schon irre, was sich die Natur da wieder hat einfallen lassen.

Und wir mittendrin

Eigentlich wäre es ja nun an Hannah wieder vorzusteigen. Da ich mich heute bisher aber noch gar nicht durch steiles Eis gefürchtet habe und wir uns inzwischen ziemlich sicher sind, dass wir beim Abstieg auch noch die Crux der Perla Azzurra klettern werden, darf ich mir den folgenden Aufschwung anschauen. Unten geht es ganz lieblich los. Dort wo ich den Standplatz errichtet habe zieht gestuftes und einigermaßen eingepickeltes Eis empor, welches auch nicht mehr ganz so spröde ist wie zuvor in der 1. Seillänge. Wird schon so bleiben. Wird sich dann schon zurücklehnen.

Wildes Ding – von der Seite betrachtet sieht die Schlüsselstelle des Tunnels recht eindrucksvoll aus

3. Seillänge (WI4+)

Obwohl ich konsequent den Weg des geringsten Widerstandes suche macht es mir die Länge nicht ganz so leicht wie erhofft. Was bleibt ist mein bisher „mutigster“ und ausgiebigster Vorstieg im Eis. Mit normalen Abständen der Schrauben, kaum Pausen und oben raus kühner und exponierter Kletterei durch leichten Spindrift.

Dabei fängt es ganz kuschelig an. Eine kleine Stufe pickeln. Gutmütiges Band. Ein bauchiger aber kurzer Aufschwung führt in Schnee. Auch entspannt. Blick nach vorne. Nicht mehr so entspannt. Die Umgehung der steilen Säule endet hier und das Eis fließt in den folgenden 10 Metern in eine sehr schmale Rinne zusammen. Ich reiße mich zusammen und balanciere luftig nach links und wechsle auf die zentrale Säule. Hier bleibt eigentlich nur sauber und kraftsparend klettern. Wohlwissend, dass oben raus bei maximaler Steilheit im Schnee und Fels wahrscheinlich keine gute Sicherung mehr hergeht.

Ich tu genau das und überrasche mich selbst ein bisschen. Normalerweise wäre schon auf halber Strecke das Bedürfnis da gewesen eine Pause zu machen, irgendwas technisch zu klettern oder einfach zu schlafen. Heute passt es aber. Die Länge ist genau richtig. Für mich oben raus schwer und ausdauernd – aber gerade noch sicher und souverän kletterbar. Kurz unter dem Schneeaufbau versenke ich noch eine 10cm Schraube für’s gute Gewissen und wühle mich dann durch die lustigerweise nicht gespurten letzten Meter. Der Schnee ist relativ pulvrig und der Ausstieg ein luftiges Ringen um jeden Zentimeter. Einen kleinen Schlüsselmoment hält dann noch ein überschneiter Klemmblock am Grund der Rinne bereit, welcher bei den heutigen Bedingungen ohne Griffe oder verlässliche Hooks vorsichtig überstiegen werden will. Die 10cm Schraube ist bereits außer Sicht.

Erst dann lehnt sich die Rinne spürbar zurück und führt in gutmütiger Stapferei auf ein breites Band unterhalb der Hochebene. Ein Standplatz lässt sich hier vielerorts beziehen. Etwa linkshaltend an einem großen Baum. Oder rechts, etwas ungemütlicher, an einer Latsche. Bloß die wilde Schlingenkonstruktion, die hier wie ein Galgen in das Couloir baumelt kommt mir ein wenig spanisch (italienisch) vor und löst in mir nicht das Bedürfnis aus, zwei Leben an ihr zu balancieren. Lässt man diese Schlingenkonstruktion aus – so wie ich – sollte man aber nicht mit einem 40 oder 50 Meter Seil unterwegs sein. Dann wird’s auf dieser Linie schon sportlich.

Eindrucksvoll demonstriert wird das von der Seilschaft nach uns. Kurzum – ich springe ein und helfe dem Vorsteiger zunächst mit einer langen Schlinge beim Verlängern des Standplatzes und dann beim Ziehen. Das Seil hätte sich sonst keinen Zentimeter bewegt. Und selbst mit der rohen Gewalt zweier Eisklettermenschen fühlt sich die Nachsteigerin nicht immer eng gesichert.

Abseilen zur Perla Azzurra

Als die Situation somewhat unter Kontrolle scheint und die Seilreibung abgenommen hat verabschiede ich mich und folge Hannah per Abseiler vom Baum weg zurück in die Schlucht und in den Tunnel. Wir nutzen dort einen fixen Standplatz auf der linken Seite unter dem Klemmblock und einen weiteren Schlingenstand mit einem rostigen Schlaghaken und einer Sanduhr auf der rechten Seite und gelangen zurück an die Weggabelung zwischen Perla Azzurra und Tunnel.

4. Seillänge (WI4+)

Die Perle…

…ist schon ganz schön am Tropfen. Nicht in bedrohlichem Ausmaß. Aber so, dass man spürt wie zu dieser Jahreszeit schon wieder stärker werdende Strahlung der Sonne in wenigen Stunden die Karten neu gemischt hat. In unserem Fall sogar zum Guten. Das Eis sieht nicht nur besser aus – es klettert sich auch deutlich softer und genüsslicher als der zornige Einstieg. Der initiale Ansturm hat sich auch gelegt – wir dürfen die Perla ziemlich stressfrei genießen und haben keine Seilschaft vor oder hinter uns. Wir waren wohl aus Versehen halbwegs antizyklisch unterwegs. Nicht in der Zeitplanung aber in der Abfolge der Linien.

Hannah steigt das äußerst steile Stück Eis solide vor. Die Strecke ist zwar überschaubar aber direkt vom Band weg senkrecht. Zumindest mir rauchen auf den letzten Metern wie so oft Arme und Waden gleichzeitig ab. Ein guter Abschluss einer nicht allzu üppigen aber interessanten Eissaison, die im November am Konzentschatter ihren Anfang und in dieser Seillänge ihr Ende gefunden hat. Irgendwie haben Anfang und Ende gemein, dass Hannah sich durch einen senkrechten Pfeiler pickelt. Beinahe die einzige Konstante in meinem Leben.

Abseilfahrt

Vom Ende der Perla geht es noch einige Meter durch Schnee an ein sperrendes Wändchen. Nach links führt eine offensichtliche Rinne mit kleineren Eisstufen zum Absatz auf dem auch der Tunnel mündet. Sieht nicht mehr allzu lohnend aus. An einem fast schon lehrbuchartigen Dolomitenstand mit 2 Schlaghaken und einer kleinen Sanduhr seilen wir über den steilen Eisfall ab. An seinem Fuß errichten wir eine Abalakov und gelangen über das untere steile Eisschild wieder zurück in die Einstiegsrinne.

Abstieg

Im Abstieg kriecht erstmals die Sonne ums Eck. So richtig vermisst haben wir sie heute gar nicht. Für eine Eiskletterei war es fast schon kuschelig warm. Kein Wind. Kein Spindrift. Kein Eisschlag. Bestes Leben. Auf dem Rückweg, der sich dann doch noch ein wenig zieht, lächelt uns auch nochmal die Piovra von der Seite an. Irgendwann. In einem Winter mit ein paar mehr Metern im Eis und ein bisschen pralleren Waden. Aber ein elegantes Ziel. Und solche soll man ja haben.

Wer suchet, der wühlet

Nach einer kalten Nacht am Grödner Joch bilden wir uns ein noch eine zweite, eventuell etwas wildere Eistour anzuhängen. Die „Wer suchet, der findet“ am Torre Vitty war diesen Winter in aller Munde. Sie verspricht auf knapp 300 Klettermetern Mixed- und Eispassagen im 4. Grad entlang einer engen Rinne in großartiger, alpiner Umgebung. Zum Sonnenaufgang starten wir vis-a-vis mit dem mächtigen Langkofel in Richtung Einstieg.

Langkofel – immer wieder eine ziemliche Wucht von Berg

Wenige Höhenmeter später kommt unser Vor- und Aufwärtstrieb in tiefem Schnee zum Erliegen. Das Band, dass vom Col du Frea zum Einstieg führen soll ist nur mit Schwimmflügeln (oder eben Tourenski / Schneeschuh) zu begehen und zu unserer Überraschung unverspurt oder frisch überweht. Eine irrwitzige Wühlerei später gelangen wir tatsächlich auf Höhe des Einstieges und entscheiden uns dort rasch und einstimmig für eine Kapitulation. Im Abstieg stauben wir noch Komplimente einer weiteren Seilschaft mit Schneeschuhen ab:

Kranke Spurarbeit

Immer wieder gerne. Irgendwie steigen die beiden dann aber auch nicht ein. Vielleicht war auch etwas an der Route falsch. Wir sind auf jeden Fall ordentlich ausgetobt nach unserer engagierten Winterwanderung und heben uns auch diese Kletterei für’s nächste Mal auf. Und das ist irgendwie auch echt okay.


Schwierigkeit, Versicherung und Material

Die beiden Eisfälle empfand ich persönlich ein bisschen einfacher als erwartet. Wahrscheinlich waren sie so spät in der Saison aber auch maximal günstig aufgebaut. Ich habe auf jeden Fall Wilderes befürchtet und stattdessen zwei schöne und nicht allzu ausgesetzte oder kühne Eislinien vorgefunden. Die zwei Schlüsselstellen sind normalerweise als WI4+ beschrieben – ließen sich heute aber wahrscheinlich etwas leichter ersteigen. Zumindest haben in meiner Wahrnehmung die jeweils steilsten Passagen von Konzentschatter und Zwergentanz viel mehr Körner gekostet, obgleich sie einfacher bewertet sind. Speziell den Tunnel konnte man heute über den Einstieg am rechten Ufer auf langer Strecke ziemlich entspannt angehen. Ich meine…ich konnte es vorsteigen. Das will was heißen. Die Perla Azzurra und der linke Einstieg sind ordentlich steil und auf kurzer Strecke anhaltend zu klettern. Aufgrund der Popularität der Routen sind die Fälle rasch eingepickelt. Zwischen den Highlights im Eis überwiegt auch viel Stapfgelände mit winzigen, einfachen Aufschwüngen.

Es gibt ein paar fixe Abseilstellen von unterschiedlicher Qualität. Ansonsten benötigt es Seile (60m von Vorteil) und halt Schrauben. Bei normalen Bedingungen braucht es keine Sicherungsmittel für den Fels.

Zusammenfassung

Ein schöner Abschluss im Eis und eine Route, die ich seit ich Eisklettern interessant finde auf dem Zettel hatte. Ich hoffe im nächsten Jahr bereits etwas früher an den Punkt zu kommen, wo sich sowas „entspannt“ klettern lässt – heuer war die letzte Tour im Eis definitiv die mit dem besten Gefühl. Aufhören wenn’s am Schönsten ist.

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