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Upsspitze (2332m) – Winterbegehung (T3)
Upsspitze (2332m) – Winterbegehung (T3)

Upsspitze (2332m) – Winterbegehung (T3)

Im Zeitalter von Webcams ist die Tatsache, dass es in den Herbst- und Wintermonaten bodennahe Bewölkung gibt keine großartige Überraschung mehr. Dass die allermeisten Berge diesen Wolkenmeeren trotzen, ist ebenfalls bekannt. Und dass sowas ganz hübsch aussieht sowieso. Aber dann gleich so?

Der Abend, an dem Ehrwald bissi Himalaya war

Im Tal sieht es nach Schlechtwetter aus – alles ist karg, grau und kalt und ähnlich inspirierend fühlt sich auf der Arbeitsalltag an. Es steht fest, dass man vor dem akut drohenden Montag nochmal auf den Berg sollte. Ohne sich komplett kaputt zu wandern, was Hannah und ich beim Winterbergsteigen erschreckend häufig und kompetent hinkriegen. Die Wahl fällt auf die Upsspitze – einen kaum eigenständigen Vorgipfel des Daniels. Natürlich wollten wir eigentlich auf letzteren. Niemand ist jemals in Ehrwald gestartet und hat sich vorgenommen die legendäre Upsspitze zu bezwingen. Und doch wird der Vorgipfel heute Gipfel genug für uns sein – und vielleicht einer der intensivsten Bergmomente in inzwischen einigen Jahren Wanderlust.

Aufstieg über die Tuftlalm

Wir starten vom Parkplatz am Panoramabad Lermoos und wandern die schneearme und gespurte Direttissima zur Tuftlalm hinauf, welche ein beliebter Aussichtspunkt über die Zugspitzarena ist. Noch sind wir mitten in einer trüben und fahlen Wolkendecke eingeschlossen. Ob wir diese noch durchbrechen werden ist gar nicht so klar, denn ein erster Blick in Richtung Daniel zeigt, dass es neben der berechenbaren Nebeldecke auch höhere Wolken gibt, die den Gipfel einhüllen.

Es liegt wenig Schnee für diese Jahreszeit. Vor zwei Wochen waren wir auf einer beinahe sommerlichen Mehrseillänge unterwegs und haben dem langen Westgrat eine Begehung abgerungen, die so auch im Frühsommer hätte stattfinden können. Entsprechend schnell kommen wir auf der dünnen, harten Schneedecke voran. Und dann – bereit 1000 Höhenmeter über dem Ausgangspunkt – verschwindet auch plötzlich die hohe Bewölkung und gibt ein Ambiente frei, welches ich mir in meinen wildesten Träumen nicht hätte ausmalen können. Das heute sollte eine kleine, spontane Tour werden. Die Optik ist groß. Zu groß.

Reichlich verblüfft über die Einsamkeit und groteske Abgeschiedenheit steigen wir höher. Das Tal ist unter den Nebelfetzen kaum auszumachen und wirkt viel weiter entfernt. Ringsum präsentieren sich die Gipfel in goldenem Licht und winterlicher Unzugänglichkeit. Es ist heute nichtmal die gegenüberliegende Zugspitze, die allen die Show stielt. Viel mehr faszinieren mich die scharfen Grate der nahen Bleispitze und das Gipfelmeer der Lechtaler Alpen im Süden.

Südrücken zur Upsspitze

Wir folgen dem südlich ausgerichteten Rücken und verlassen damit auf rund 2150 Metern auch den Normalweg zum Daniel. Das liegt daran, dass dieser im Sommer eine plattig-exponierte Querung unter der Upsspitze vollzieht, welche im Winter wenig intuitiv ist. Stattdessen bietet sich der Südrücken, über den auch die Skitour (ZS-) auf die Upsspitze führt viel besser an und ist kaum zu verfehlen. Da der Rücken äußerst windexponiert ist, wird man hier selten wirklich viel Schnee oder geeignete Bedingungen für eine Skitour vorfinden. Bei unserer Begehung erkennen wir zwar vage Spuren diverser Fortbewegungsmittel (Schneeschuhe, Tourenski, Steigeisen), welche aber allesamt vom Wind verwischt sind.

Exakt mit dem Sonnenuntergang erreichen wir einen beeindruckenden Aussichtspunkt wenige Höhenmeter unter der Upsspitze. Ein reichlich intensiver Abend auf einem unverhofft epischen Berg.

Ein kurzer, steiler Aufschwung führt dann endgültig auf den wenig markanten Gipfel. Der Übergang zum Daniel ist ungespurt und etwas überwächtet – der Schnee wenig tragfähig und unberechenbar. Wir sparen ihn uns. Das Ziel dem tristen Talboden zu entfliehen ist schon seit vielen Höhenmetern erreicht und beim Anblick der umliegenden Bergwelt sogar übertroffen worden. Ganz viel Liebe. Auch für die Berge.

Während das Wolkenmeer langsam in ein irres Orange getaucht wird, schlüpfen wir in die Steigeisen und treten den Rückweg an. Im Aufstieg waren diese nicht notwendig – im Abstieg lässt sich so aber ein bisschen sorgloser und schneller im harten Firn absteigen. Es ist schwer Worte für das zu finden, was sich hier oben abspielt. Die Tatsache, dass man ein solches Spektakel nicht selten für sich allein hat, fasziniert mich immer wieder.

Abstieg

Unseren Spuren folgend wandern wir wieder dem Wolkenmeer im Tal entgegen. Begleitet von regem Alpenglühen, welches der Zugspitze auf den letzten Metern doch noch einen recht eindrücklichen Anstrich verleiht.

Im ersten Mondschein und unter pinken Wolken erreichen wir die Baumgrenze und sind wenig später wieder am Ausgangspunkt angelangt und bereit für eine weitere Woche im mutmaßlich grauen Garmisch. Wissend, dass es eine ziemlich zugängliche Welt gibt, in der andere Regeln gelten. Und in die wir jederzeit wieder fliehen können und werden.


Schwierigkeit, Versicherung und Material

Hier wenig sinnstiftend – der Beitrag dient eher zum Festhalten eines wahnsinnigen Sonnenuntergangs und zur Inspiration, gelegentlich dem grauen Alltag zu trotzen, wie die Berge dem Nebel trotzen. Wie jede Winterwanderung können andere Bedingungen auch drastisch andere Schwierigkeiten und Maßnahmen erfordern.

Dennoch ein schönes, steiles und recht direktes Winterziel, welches über einen Rücken mit reichlich Windeinfluss erreicht wird. Als Skitour wird der Aufstieg als ZS- gehandelt – nennenswerte Schwierigkeiten gibt es neben dem stellenweise 30 – 35° steilen Rücken nicht. Richtig günstige Skitourenverhältnisse sind hier selten und die Lawinengefahr hält sich bei geschickter Wegwahl und normalen Bedingungen in Grenzen, Grödeln oder sogar Steigeisen können auf dem harten Firn aber Sinn und Spaß machen. Für uns haben sie den Abstieg deutlich beschleunigt.

Zusammenfassung

Liebe.

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