Hier bleiben wir. Nach einem interessanten Auftakt in der Route Silbermond und einer für September reichlich kalten Nacht im Auto herrscht nun ein fahles Dämmerlicht im Zillergrund. Bis hier ein Sonnenstrahl eintrifft wird es noch Stunden dauern – so eingemauert ist dieses Fleckchen Erde. All die Pläne und Optionen, die wir uns offen gehalten haben sind inzwischen obsolet. Es war ohnehin wieder zu viel und zu schnell. Eine Route an diesem Talende, eine andere Route dort, vielleicht auch noch was Sportklettern? Und vielleicht auch etwas Trad?
Am Gasthaus in der Au ist es so schön und ruhig. Und eine der beliebtesten Routen an der Au Süd haben wir uns am Vortag ohnehin entgehen lassen – denn obwohl mir diese Tour bei der Planung schon ins Auge gestochen war, schien sie uns für den Tag der Anreise zu lang und unberechenbar.
Supersommer
Mit ihren 265 Klettermetern ist die 2018 erstbegangene Supersommer streckenmäßig keine wirklich lange Unternehmung. Sie ist aber einer der längsten Anstiege in der gestuften Südwand über dem Gasthaus in der Au und soll so ziemlich alles abrufen, was man als vertikal-begeisterter Wanderer im Granit können muss. Und so entdecken wir in der Übersicht über die 11 oftmals kurzen Seillängen bereits einige Buzzwords, die für uns doch eine gewisse Größe in das Vorhaben bringen:
Verschneidung? Lieben wir. Piazüberhang? Hmm…kommt drauf an. Faustriss? Noch nie gemacht.
Wir sind wirklich keine routinierten Kletterer im Urgestein. Den einzigen Kontakt, den wir bisher mit sowas hatten war im Rahmen von Hochtouren und Graten oder eben an henkligen Tafonis auf Korsika. Das bereitet einen aber nur sehr punktuell auf die Herausforderungen an den hier vorherrschenden Platten und Rissen vor. Der Fels liest sich anders und klettert sich anders und es wäre wohl verfrüht nach unserem gestrigen Erstkontakt von irgendeiner Form von Expertise zu sprechen.
Zustieg
Wie am Vortag ist die Wand rasch erreicht. Wir folgen der Straße und verlassen sie in der Kehre auf das kleine Steiglein, welches durch den steilen Wald hinauf zu den Einstiegen führt. Diesmal müssen wir für den Einstieg ein Stückchen nach rechts traversieren, was am Wandfuß kein Problem darstellt. Rasch ist der Einstieg gefunden und der Gurt bestückt. Ein bisschen warten müssen wir im herbstlich-kühlen Wald aber noch – eine andere Seilschaft ist unmittelbar vor uns eingestiegen und arbeitet sich durch die erste Seillänge. Und die sieht ehrlicherweise ein wenig rau aus.
Brutal steil und ein bisschen moosig und dreckig baut sich ein rund 15 Meter hoher Aufschwung vor uns auf. Das Konzept Kaltstart kennen wir inzwischen ja zu Genüge – aber irgendwie sah die Silbermond am Vortag ganz wesentlich einladender aus. Mal sehen, was der Tag so bringt.
1. Seillänge (VI-)
Wie immer steigt Hannah in die erste Seillänge ein und arbeitet sich durch den direkt schweren, kalten und etwas abdrängenden Fels. An kleinen Leisten und Untergriffen wird ein unbequemer Absatz erreicht. Ein recht unschöner und gewaltsamer Zug führt dann auf ein erdiges Band, in welchem sich keine rettenden Griffe finden lassen. Eigentlich haben wir jetzt auf den ersten 5 Metern also schon all das gesehen, was an der sonst sehr hübschen Au Süd nicht so toll ist. Nasser, moosiger Fels und Ausstiege auf absurd dreckige Bänder. Und dafür war der punktuelle Kraftaufwand auch wieder erheblich. Die Seillänge soll eine der leichtesten sein.
Hannah erwischen diese Faktoren heute auf dem völlig falschen Fuß und als sie gezwungen ist mit etwas Runout über einem der besagten dreckigen Bänder noch mehr Kraft zu verballern, tritt sie erst einige Pausen und dann einen Rückzug an. Super Start. Super Tag. Super Sommer.
Nun ist es an mir den Tag zu retten – wobei die initiale Motivation bereits ein wenig gebrochen ist. Auch bei mir – denn so richtig genüsslich sah das da oben nicht aus und falls ich oben rauskomme bringe ich Hannah auch nur in Zugzwang sich erneut mit dem moosigen Etwas zu arrangieren. Ich steige ein und tu mir auch schwer. Die ersten Meter sind wirklich abdrängend und kleingriffig. Von Flow sind wir meilenweit entfernt. Als ich die Stelle erreiche an der Hannah den Rückzug angetreten hat, wäre mir das eigentlich auch ganz recht. Einladend ist der Aufschwung nicht. Ich kriege aber einen Riss zu fassen und ziehe mich nochmal mit unnötig viel Kraft und wenig Vertrauen in die auf nasser Erde stehenden Füße empor.
Mitten in dem Dreck und Gestrüpp eines umgestürzten Baumes lächelt mich plötzlich ein Fixseil an. Das kennen wir schon. Es gibt hier einige Stufen, in denen der Granit so unschön in lose Erde mündet, dass ein Ausstieg kaum sicher möglich ist und die recht akribisch mit solchen Seilen ausgestattet wurden. Ich rupfe mich hoch und stehe eine Etage höher. Eine gutmütige Platte führt zum Standplatz. Das weitere Gelände sieht hübscher aus. Der matschige Grusel von unten ist passé. Nur Hannah darf nochmal.
Wem ich diese Seillänge nun wenig schmackhaft gemacht hat – man kann auch linkerhand über die Nachbarroute Eierschwammerlsackerl einsteigen. Das ist dann unwesentlich leichter (V+) und vermutlich auch nicht nennenswert schöner – teilt sich aber den ersten Standplatz mit der Supersommer.
2. Seillänge (VI-)
Hannah, die in der ersten Seillänge moralisch ein wenig demontiert wurde findet ihre Freude am Granit rasch wieder, als sie in die flowige Platte einsteigt. Es geht kurz filigran nach rechts in eine unscheinbare Delle. Hier trennen sich Wege. Das besagte Eierschwammerlsackerl quert fast horizontal nach rechts durch die Platte. Wer im Supersommer bleiben will – ich unterstelle mal beinahe jeder – hält sich nach dem ersten Bohrhaken nach oben und folgt den dort ebenfalls sichtbaren aber nicht ganz so aufdringlichen Haken.
Diese führen in eine wirklich feine Platte, die mit ein paar schönen, griffigen Leisten und feinen Tritten unsere Herzen zurückerobert. Vielleicht wird es ja doch noch ein super Sommer. Wird ja Ende September auch langsam mal Zeit.
3. Seillänge (VI)
Ebenso genüsslich geht es für mich weiter – homogene und ideale Plattenkletterei mit einer kurzen Crux, die präzises Treten erfordert. Drumherum ganz feine Leisten und bombenfester Granit. Irgendwie eine ganz andere Art von Kletterei, wenn man bedenkt, dass die 1. Seillänge ähnlich bzw. sogar einfacher bewertet wurde. Uns liegt das hier gebotene Gelände offensichtlich deutlich mehr.
4. Seillänge (II-)
Hannah fliegt eine der wenigen wirklichen Überbrückungslängen zu. Ehrlicherweise könnte man sie unter Aufwand von 40-45 Metern Seil und möglicher Seilreibung auch direkt anhängen. Wirklich viel passiert auf dem erdigen Band nicht. Im Vergleich zur gestern begangenen Silbermond können wir uns aber ohnehin nicht beklagen. Der Wald- und Erdkontakt fällt in der heutigen Tour trotz ihrer Länge überraschend gering aus. Da hatten wir am Vortag mit reichlich absurderen Stelle zu Kämpfen.
5. Seillänge (VII-)
Dadurch, dass ich Hannah in der 1. Seillänge abgelöst habe muss ich mich nun mit der Tatsache arrangieren, dass beide 7- Seillängen nun mir zufallen und nur von einer kurzen Verbindungslänge getrennt sind. Um ein letztes Mal auf den Vortag einzugehen: da habe ich eine solche Seillänge als „für mich noch nicht kletterbar“ beschrieben. Die Annahme ist nun also, dass ich über Nacht zufällig irgendwas gelernt habe oder dass sich die „nährstoffreichen“ Nudeln irgendwie zu 100% im Bizeps angereichert haben.
Nichts davon trifft zu. Der Rhythmus in dem wir klettern passt aber trotzdem sehr gut, denn heute bin ich der Herausforderung ein wenig aufgeschlossener als Hannah und die nominellen Schlüsselstellen der Supersommer sind eher mein Stil. Und anstatt auf Platten zu balancieren, darf heute an einigen wenigen Stellen richtig feste angepackt werden.
Eine solche Stelle befindet sich direkt über dem Standplatz – rückblickend ist es wahrscheinlich sogar die härteste dieser Art. Eine ziemlich kräftige Schuppe auf glatter bis abdrängender Platte darf halbwegs gewaltsam weggestemmt werden. Geht sich schon irgendwie aus – bei Bedarf hilft ein kleines Bäumchen. Ich brauche dieses zwar nicht, bin aber doch subtil ramponiert, als ich in das plattige Gehgelände zur eigentlich schweren Passage dieser Länge torkle.
Die kleine Verschneidung ist nicht allzu spektakulär. Sehr kurz ist sie – unscheinbar möchte man fast sagen. Aber der Teufel steckt im Detail. Der Haken ist nach meinem Geschmack einigermaßen tief angebracht und in der schwierigsten Passage muss eigentlich ein Bodensturz einkalkuliert werden. Der wäre aus der überschaubaren Höhe bestimmt nicht lebensbedrohlich – ausprobieren mag man es wie so oft aber auch nicht. Der Sichernde hat hier keinerlei Blickkontakt zum Kletternden und das Seil hat durch den freien Raum zwischen der Piazschuppe und der Verschneidung ziemlich viel Spiel. Sind Feinheiten – ist aber vielleicht nett zu wissen. Anspringen würde ich mit diesen Rahmenbedingungen nichts – auch wenn mir eingeklemmt in den feinen, scharfen Strukturen der Verschneidung durchaus danach wäre.
Hat man die Verschneidung verlassen geht es rechts über eine kurze Platte in einen letzten, kurzen Aufschwung. Dieser lässt sich direkt als steile Platte angehen oder rechterhand (intuitiver) durch eine Verschneidung klettern. Ich wähle Letzteres, was wohl auch ein wenig einfacher ist. In Summe hat man in dieser Seillänge aber Einiges erlebt. Und dabei waren es doch nur 30 Meter. Und was man aus der blumigen und ausufernden Beschreibung vielleicht auch herauslesen kann – Seilreibung kann ein Thema werden.
6. Seillänge (V/V+)
Hannah geht die überraschend lustige 6. Seillänge an. Sie überbrückt zwar erneut „nur“ ein Band in der Wand und ebnet den Weg zu der spürbar steileren und durchgängigeren Headwall der Au Süd. Die mit kleinen, unfassbar griffigen Überhängen bespickte Rippe kraxelt sich dann aber doch ziemlich genüsslich, steil und sonnig.
7. Seillänge (VII-)
Der Piazüberhang lässt sich bereits ausmachen und schaut eigentlich lösbar aus. Der Vorsteiger aus der Seilschaft vor uns ist da auch reichlich entspannt durchgecruist. Der klettert aber angeblich auch im 9. Grad und macht Erstbegehungen. Naja. Bevor man sich nun also mit den ideal symmetrischen Rissen unter und über dem kleinen Dächlein auseinandersetzen darf, gilt es an ein paar großen Schuppen auf die Höhe der Schwierigkeiten zu gelangen. Das entpuppt sich als kniffliger als es aussieht.
Sand und Botanik, abschüssige Tritte und an den entscheidenden Stellen keine richtigen Griffe um die Klimmzüge am Rand der Absätze aufzulösen. Nicht völlig elegant erreiche ich den Überhang.
Der ist dann fein abgesichert und extrem griffig – eine gute Portion Kraft braucht es aber dennoch. Zunächst muss unter dem Überhang ein wenig Höhe gemacht werden. Dafür lässt sich ein Fuß ganz gut in einem Riss verklemmen. Dann hangelt man am Riss unter dem Überhang ein Stück nach rechts und wuchtet sich an einer idealen Kante aus der Passage heraus. Erwähnenswert ist nur die Tatsache, dass am Ende des schärfsten Zuges kein rettender Haken wartet. Kontrastprogramm: Genrewechsel. Platte. Dieser folgt man einige Meter und muss sorgfältig über feine Leisten steigen, bis man wieder etwas clippen kann und darf. Ein spannender Kontrast zu dem kräftigen Zug aus dem Dach – und damit eine kleine Probe an die Geduld und Fähigkeit auch nach Einsatz von Maximalkraft noch ein Stück vom Haken wegzuklettern. Geht sich aus! Was sich hier mMn. aber nicht ganz ausgeht ist die Aussage „6 A0“, die sich stellenweise Lesen lässt. Zumindest wäre mein Empfinden, dass man hier selbst mit Hakenhilfe deutlich härter klettern darf. Ähnliches trifft auf die Verschneidung in der 5. Seillänge zu. Anders als dort könnte man hier zwar mit Friends was reißen – aber wer hat die schon dabei. Fakt ist, dass ich die Tour einem Bekannten mit Limit im 6. Grad nicht wirklich empfehlen würde.
Ich erreiche den Stand und bin halbwegs stolz auf diese Seillänge. Komfort war sie aber definitiv nicht, der (untere) 7. Grad ist im Granit aktuell schon die Grenze dessen, was für mich somewhat kontrolliert machbar ist.
8. Seillänge (VI+)
Wir befinden uns in dem, was man als die Headwall der Au Süd bezeichnen könnte. Den obwohl wir schon einen Großteil der Kletterei hinter uns gebracht haben – das Gelände zieht hier oben richtig an. Im Positiven! Der Fels wird beeindruckend flächig und ausladend, die nächsten 3 Seillängen sind homogener Kletterwahnsinn. Für einen kurzen Moment entsteht sogar beinahe ein Wand-Feeling, welches in der gestuften und bewaldeten Au Süd ein eher rares Gut ist.
Die Seilschaft vor uns macht hier Pause an einem kleinen Bäumchen und lässt uns netterweise den Vortritt für das Finale der Supersommer. Während also drei Augenpaare auf Hannah gerichtet sind, steigt diese den folgenden Aufschwung statt durch die simple Rinne rechts vom Standplatz von links an. Das resultiert in einer wilden Querungen auf winzigen Tritten und scharfen, kleinen Untergriffen – und ist wesentlich härter als das, was der Rest der Seillänge eigentlich fordern würde.
Es folgt eine flowige Rinne, die an einem diffizilen Quergang und Eck ihr jähes Ende findet. Ziemlich luftig und ein wenig unübersichtlich geht es unter einer kleine Einbuchtung hindurch und dann mit viel Balance und Umsicht nach rechts in leichteres Gelände. Eine beeindruckende Seillänge, die sich nochmal ganz anders klettert, als das bisher Erlebte. Hannah hat das souverän gemeistert. Ich tu mir hier richtig schwer. Mit der Untergriff-Einstiegsvariante ist es für mich wahrscheinlich sogar die härteste und wackeligste Seillänge des Tages.
9. Seillänge (VI+)
Kein richtiger Kamin. Keine richtige Verschneidung. Kein richtiger Riss. Aber unfassbar coole Kletterei – und einer meiner spaßigsten Vorstiege bisher, an den ich gerne zurückdenke.
Der Smiley aus Flechten am Standplatz fasst es gut zusammen: Gaudi ist angesagt. Nach einer fast nicht vermeidbaren Bäumchenpassage folgt man einer wilden und senkrechten Rissverschneidung empor und klettert dabei eine faszinierende Symbiose aus Faustriss und luftiger Kante. Zumindest lässt sich die linke Hand immer wieder mit Mehrwert in einer Rissspur versenken, während die rechte Körperhälfte eine steile Kante umarmt. Zum allerersten Mal in meinem Leben macht das Konzept „Faustriss“ tatsächlich Sinn. Ich hatte das inzwischen beinahe für einen Mythos gehalten. Über einen griffigen Klemmblock verlässt man die wilde Körperriss-Formation und kann auf einem kleinen Plateau bei bester Aussicht verschnaufen. Dann setzt eine ideal griffige, leistige und sonnige Granitmauer an. Super. Sommer!
10. Seillänge (VI+)
Hannah, die die vorherige Länge ohne Risshandschuh gemeistert hat, kriegt diesen nun übergestülpt. Gerüchten zufolge könnte er ihr in der nächsten Länge noch gute Dienste erweisen. Nur ein bisschen groß ist er…
Nach einem kurzen Band setzt ein Wändchen an, welches an ein Puzzle erinnert. Wild gestapelt greifen hier Blöcke und Kanten ineinander. Zwischen ihnen zeichnen sich glasklare Risse ab. Und genau durch einen solchen steigt Hannah in die Länge ein. Die erste Hälfte des Aufschwungs findet in einer Idealverschneidung mit Faustriss statt. Stemmen und Klemmen. Erneut mit einem Runout, der 6 A0 ohne Klemmzeug eher ambitioniert erscheinen lässt. Hannah versenkt hier einen der wenigen Friends, die wir mitgenommen haben und erreicht den Ausstieg aus der Verschneidung. Diese stellt sich als Crux der Seillänge heraus – etwas plattig und unübersichtlich geht es linkerhand hinaus. Dann zieht eine Folge steiler bis leicht überhängender Henkel und Risse empor und aus dem Wändchen hinaus. Genial – eine der schönsten Seillängen der Tour, wenn man uns fragt.
11. Seillänge (VI+)
Auf den letzten Metern verläuft sich die Begeisterung dann kurzweilig ein wenig – es wird wieder etwas dreckiger, botanischer und unübersichtlich. Eine ziemlich knifflige Platte stellt sich in den Weg und erinnert uns an die Reibungskletterei gestern am grauen Granit des Silbermonds. Dann wird es langsam einfacher, geneigter und staubiger. Bei Nässe möchte man hier bestimmt nicht unterwegs sein. Die Routen an der Au Süd werden aus gutem Grund nur bei sehr trockenen Verhältnissen empfohlen.
Durch eine seichte Platte und steile Erde steige ich die letzten Meter aus der Wand aus und erreiche den Standplatz mit Wandbuch auf einem breiten Band.
Abstieg
Wir stapfen ein paar Meter vom Ausstieg weg und setzen uns auf das Band. Schön hier, ruhig hier. Einen Apfel später geht es schwachen Pfadspuren folgend talwärts. Man hält sich rechts auf dem Band, welches rasch und ohne nennenswert exponierte Stellen in einen steilen Wald übergeht. Hier verlieren wir zwar kurz die Spur, stoßen dann aber rasch auf gelbe Markierungen die ziemlich stressfrei den Rückweg markieren. Eigentlich ist der kleine Steig auch auf den meisten GPS-Karten eingezeichnet. Kann man ein Ding draus machen – muss man aber nicht. Für einen Fußabstieg, der nach einer so „langen“ Tour ja auch durchaus mal etwas rustikaler ausfallen kann, geht es hier herrlich idyllisch zurück zur Straße und dort in wenigen Minuten wieder zum Gasthaus.
Schwierigkeit, Versicherung und Material
Eine wirklich tolle Route, die nach oben hin immer schöner wird. Man sollte sich von den ersten Längen nicht abschrecken lassen – die Beliebtheit der Supersommer ist durchaus berechtigt und manifestiert sich in meinen Augen vor allem in den Längen 8, 9 und 10. Aber auch die übrigen Längen sind mindestens fein und beeindruckend abwechslungsreich, nur die kurze Verbindungslänge im 2. Grad und der (wie ich finde) reichlich reudige Einstieg sind halt in Kauf zu nehmen. Im Vergleich zur Silbermond am Vortag ist der Supersommer aber wesentlich homogener und aufgeräumter.
Ansonsten werden hier zahlreiche Kletterstile abgefragt – jeweils so unverbindlich und kurzweilig, dass man sich zwischen den Bohrhaken sehr wohl fühlen darf. Die Bewertung passt, wir waren in Summe weniger überfordert und beeindruckt als am Vortag. Die Schlüsselstellen sind in dieser Führe aber eher kraftiger Natur und in meiner Wahrnehmung auch stellenweise obligat zu klettern. Obwohl es uns jetzt weniger betroffen hat – ich hatte hier erstmals das Gefühl, dass man trotz guter Absicherung an den entscheidenden Stellen nicht oder nur mit einem Sortiment Friends hätte Nullen können. Es gibt relativ wenig Leerlauf und Erholung, die eigentlichen und anhaltenden Schwierigkeiten sind definitiv im oberen Wandteil zu finden. Deshalb hier nochmal vermerkt: 6 A0 ist sportlich. Mit etwas Puffer macht es bestimmt mehr Spaß.
Die Absicherung ist gut aber auch nicht übertrieben eng gewählt. An wenigen Stellen muss man mMn. ein wenig aufpassen oder nachbessern, da sonst ein gewisses Bodensturzrisiko gegeben ist. Wir waren wie immer mit 60m Halbseilen dabei. Neben reichlich Exen (teils langen für nicht immer ganz gerade Routenverläufe) hatten wir auch eine minimalistische Auswahl Friends dabei. Diese ist zwar nicht obligat – schadet aber auch nicht. Vor allem einen #2 für die Faustrisse kann man ganz gut unterbringen. Für diese können Risshandschuhe auch Sinn machen. Abseilen ist im Notfall theoretisch immer möglich – macht aber nur bis zu einem gewissen Punkt Sinn und sollte keinesfalls dem wirklich entspannten Fußabstieg vorgezogen werden.
Zusammenfassung
Ein absolut feiner Tag im Granit in einer beeindruckenden wie lehrreichen Route mit irrsinnig vielen Facetten und kleinräumigen Details.