Kramerspitz (1985m) – Überschreitung (T3)
Kramerspitz (1985m) – Überschreitung (T3)

Kramerspitz (1985m) – Überschreitung (T3)

Da hätt’ ich ja gleich auf die Zugspitze gekonnt

Zum Feierabend – die Tage sind noch lang – steht heute der Kramer auf dem Zettel. Als einer der Hausberge von Garmisch, macht er neben den gleißenden Kalkmauern des Wettersteinmassivs einen etwas unförmigen Eindruck. Davon sollte man sich aber nicht täuschen lassen. Speziell an diesem Berg gibt es unzählige Steige und abenteuerliche Touren: die heute gewählte und recht unkreative Überschreitung auf den üblichen Wanderwegen dürfte einer der sanftesten Unternehmungen an diesem Massiv sein. Und ebenfalls anders als in der Draufsicht vermutet – die Landschaft ab erreichen des Grates ist brachial schön.

Kramersteig (T3)

Ich wähle die Überschreitung von Ost nach West und starte damit über den Kramersteig zur St. Martin Hütte. Von dort geht es in Serpentinen hinauf, wobei an der bekannten Felsenkanzel ein schöner Aussichtspunkt in der relativ steilen Flanke erreicht wird. Weil mir die Zeit ein wenig im Nacken sitzt, verliere ich wenig Zeit und stapfe weiter. Zwischen Katzenkopf und Mittergern erreicht man den weitläufigen und hübschen Grat – die meisten Höhenmeter sind geschafft und die Aussicht belohnt für die Mühen. Obwohl der Gipfel des Kramer schon direkt gegenüber zu sein scheint, zieht sich der Anstieg noch und ist fortan abwechslungsreicher.

Mittergernnadel (I-II)

Ich lasse mich dazu verleiten die kleine, bekreuzte Mittergernnadel zu besteigen. Kühn hängt sie in der Flanke über den Dächern von Garmisch. Um zu ihr zu gelangen müssen ein paar Meter in steilem Gras und Kies abgestiegen werden. Den eigentlichen Gipfel erreicht man dann in kurzweiliger und nicht wirklich exponierter Kletterei, die mit einigen Metallstiften entschärft ist.

Querung auf der Nordseite & Gipfelgrat (T3)

Im Frühjahr hält sich hier lange ein Schneefeld, das dann je nach Bedingungen gar nicht so trivial ist und den Umkehrpunkt für viele nicht passend ausgerüstete oder gleichermaßen vernünftige Wanderer darstellt. Im Winter ist die Querung lawinengefährdet. Im Hochsommer lässt sich – abseits von einem gewissen Steinschlagrisiko – recht angenehm um den schroffen Gipfelaufbau herumwandern. In meinem Fall werfen die Schafe am Grat aber reichlich Schutt hinab, sodass ich relativ froh darum bin, den Helm doch noch an den Rucksack gehängt zu haben. Der anschließende Anstieg zieht sich nochmal ein wenig – mangels Ziel vor den Augen weiß man auch gar nicht so recht, ob man vorankommt oder nicht. Spätestens mit dem Erreichen des kurz etwas schärferen Wiesengrates dürfte sich aber auch diese Frage in Wohlgefallen auflösen – das Gipfelkreuz ist nun wirklich direkt gegenüber.

Abstieg vom Gipfel zur Stepbergalm (T2)

Nach einer kurzen Gipfelrast mit Tiefblick nach Garmisch mache ich mich an den Weiterweg. Den Berg habe ich für mich alleine, was hier wahrscheinlich einigermaßen selten ist. Da sich der Abstieg aber auch noch ein bisschen ziehen wird, versuche ich das verbleibende Tageslicht noch für etwas Strecke aufzuwenden und gebe mich mit einem goldenen “Beinahe-Sonnenuntergang” am Gratweg zu Frieden. Durch die trübe Luft wirkt dieser wild genug.

Ein paar Abschnitte direkt hinter dem Gipfel sind erschreckend typisches Ammergauer-Gelände und teilweise mit Drahtseilen versichert. Wirklich schwierig wird es nicht – wenige Meter erfordern Trittsicherheit und an der einen oder anderen Stelle bremst der sehr rutschig-sandige Untergrund und fragile Fels kurz aus. Dann wird das Gelände zur Stepbergalm hin immer einfacher und der Weg breiter und genüsslicher.

Am Grat entlang zur Stepbergalm
Kreuzweg (T2)

Im Abstieg wähle ich den Kreuzweg, der von der Stepbergalm nach Osten und zurück in Richtung Garmisch zieht. Tatsächlich würde ich inzwischen das fast parallel laufende “Gelbe Gwänd” vorziehen, das gefühlt ein wenig direkter und spektakulärer ins Tal führt. Man landet allerdings auch weiter vom etwaigen Ausgangspunkt entfernt und muss eventuell einen längeren Hatscher am Kramerplateauweg einkalkulieren. Da ich aber ohnehin noch einmal komplett durch die Stadt und bis nach Partenkirchen hatschen darf, würde sich das auch nicht mehr viel nehmen.


Schwierigkeit, Versicherung und Material

Entspannte aber recht lange Wanderung auf markierten und überwiegend breiten Wegen. Bei Nässe oder Restschnee kann dir Tour rasch ihre ernsten Momente entwickeln – vor allem die über recht steilen Wänden verlaufenden Abschnitte um die Felsenkanzel und die nordseitige Querung vertragen sowas nicht ganz so gut. Die Kramerspitz bleibt trotz ihrer zahlreichen Pfade, Wege und Steige und der gefühlten Zugänglichkeit über den Dächern von Garmisch ein überraschend großes Ziel, bei dem präparierte Wander-Pisten und wirklich ernsthafte Pfade oft nur wenige Meter auseinander liegen.

Zusammenfassung

Irgendwer hat von mir eine wütende Sprachnachricht bekommen, dass ich auch gleich zum Feierabend auf die Zugspitze hätte laufen können. Abseits davon – Traumtour im Traumlicht, die aber konditionell fordert und mal wieder beweist, dass der Schein trügt. Beim Blick aus dem Fenster und auf das Ziel hatte ich weniger erwartet.

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